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Immaterielles Kulturerbe

Bräuche, Wissen, Handwerkstechniken  
Foto: © UNESCO/James Muriuki

Zunfttag der Fleischhauer*innen und Liebfrauenbruderschaft in Gars am Kamp
Gesellschaftliche Praktiken in Niederösterreich, aufgenommen 2022

Die Zunft der Fleischhauer in Gars am Kamp besteht seit 1535. Trotz formeller Aufhebung der Zünfte werden Praktiken wie Zunfttag, die Ehrenkranz- und Ehrensiegelverleihungen, die Verleihung des Goldenen Ehrenrings und die Fronleichnamsprozession mit dem Vorantragen der Zunftfahne nach wie vor ausgeübt. Diese Praktiken sowie das bis heute weitergetragene Wissen um das Handwerk haben für die Mitglieder und ihr Umfeld nach wie vor eine wichtige soziale, ökonomische und ökologische Bedeutung.

Seit über fünf Jahrhunderten besteht die Zunft der Fleischhauer*innen und Liebfrauenbruderschaft in Gars am Kamp. Wesentliche Aufgabe dieser war bis 1871, neben der Aufsicht über die Berufsanwärter*innen und die Erteilung der Meisterrechte, die Regulierung der beruflichen Ausübung, die für das Erwirtschaften des Einkommens der Fleischhauer*innen und die soziale Absicherung auch der zugehörigen Familien maßgeblich war. Nach Auflösung der Zünfte und Einreihung in Landesinnungen blieb die Fleischhauerzunft seit 1867 als Verein bestehen und hat ihre Vermögenswerte wie die Zunftäcker bis heute inne. Die gemeinschaftliche Bedeutung und die Bräuche blieben ebenso erhalten. 
Zu diesen Bräuchen gehören der jährliche Zunfttag im Oktober. Nicht nur alle Zunftmitglieder, sondern auch Gäste aus anderen regionalen Lebensmittelhandwerken nehmen am Zunfttag teil, der einem strikten Ablauf folgt: nach dem gemeinsamen Essen selbst hergestellter Würste wird die Zunftfahne in die Kirche getragen und anschließend eine Messe für die verstorbenen Mitglieder gehalten. Zudem werden an diesem Tag neue Zunftmitglieder aufgenommen sowie nach den Feierlichkeiten reger Austausch zu den Fachfragen des Handwerks betrieben. Außerhalb des Zunfttages nehmen die Mitglieder der Zunft auch bei der Fronleichnamsprozession teil, bei der die Ehrenkränze gesegnet und der Zunft nahestehenden Persönlichkeiten geschenkt werden. 

Neben diesen gesellschaftlichen Praktiken und Ritualen setzen sich die Mitglieder ein für die Erhaltung von implizitem Erfahrungswissen im Zuge der Lehrausbildung, die Erhaltung der Regionalität durch den Austausch mit Landwirt*innen in der Region sowie für die soziale Verantwortung im gesellschaftlichen Umfeld durch karitative Aktivitäten. Die Fleischhauerzunft hat eine auf maximal 11 Personen bestehende „geschlossene“ Mitgliederzahl, die sich aus Fleischhauermeister*innen, Gesell*innen und den Eigentümer*innen ehemals „radizierter“ Häuser zusammensetzt. Erstmalig nach 500 Jahren wird die Zunft seit 2020 von einer Frau geführt. Langjährige Mitglieder erhalten Ehrensiegel (werden auch an Ehrengäste vergeben) und/oder den goldenen Ehrenring (wird nach Ableben der Träger nur an andere Zunftmitglieder weitergegeben). Die Pflege und Wahrung der mit der Zunft verbundenen Tradition wird bis heute außerdem durch die Gestaltung von Begräbnissen, Projekte sowie die Ausstellung der Zunftgegenstände wie etwa der Zunfttruhe, Fahnen, Siegel, Bücher und Altare im Garser Zeitbrücke-Museum sichergestellt. 

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3571 Gars am Kamp

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