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Immaterielles Kulturerbe

Bräuche, Wissen, Handwerkstechniken  
Foto: © UNESCO/James Muriuki

Patscher Schellenschlagerinnen
Gesellschaftliche Praktiken in Tirol, aufgenommen 2022

Der Fasnachtsbrauch der Patscher Schellenschlagerinnen findet jährlich am Unsinnigen Donnerstag statt. Dabei „läuten“, die nach Größe in Zweierreihe aufgestellten und maskierten Schellenschlagerinnen, die Glocken bzw. Schellen im vorgegebenen Rhythmus der Hexe. Zwar ist das Schellenschlagen auch in anderen Orten zu beobachten, doch sind im Gegensatz zu vielen anderen Fasnachten in Tirol, die Ausübenden ausschließlich Frauen.

Der Umzug der Patscher Schellenschlagerinnen entstand in der Fasnacht 1958, als sich die Patscher Männer nicht dazu aufraffen konnten, das traditionelle Schellenschlagen, durchzuführen. Um diese Praxis nicht einschlafen zu lassen, beschlossen einige Frauen des Ortes, die Initiative zu ergreifen und die Schellen selbst in die Hand zu nehmen. Seitdem sind die Schellenschlagerinnen zum festen Bestandteil der jährlichen Fasnacht des Ortes Patsch geworden. Die zur Fasnachtszeit in Erscheinung tretende Figur der Schellenschlagerin zeichnet sich durch ihre Holzlarve, ein mit Federn, Zierblumen und Bordeln geschmückter Hut sowie ein Kostüm aus weißen Hemden mit bunten Bändern, Schultertüchern und Kniebundlederhosen aus. Jede Schellenschlagerin hält zudem eine Schelle in den Händen, die nicht umgehängt, sondern mit beiden Händen am Griff und hinter dem Rücken getragen und geschellt wird. Jedes Jahr am Unsinnigen Donnerstag treten die Schellenschlagerinnen in der Ortschaft Patsch an vier Orten auf und folgen einem festgelegten Ablauf. Dabei marschieren die maskierten Figuren der Größe nach und in Zweierreihe geordnet im Takt der Hexe hinter dieser her. Die Hexe gibt mit ihrem Besen auch das Ende vor, zum Abschluss wird „ausgeschellt“, indem alle Schellenschlagerinnen gleichzeitig schellen. Im Anschluss stimmen die Ziehharmonikaspielerinnen der Gruppe den Tanz an, bei dem die Zuschauer*innen in die Mitte des Platzes zur Teilnahme geholt werden. Am Ende des Tanzes erklingen erneut alle Schellen. 
Die Tradition wandelte sich im Laufe der Zeit; beispielsweise änderte sich aufgrund des Wirtshaussterbens die Umzugsroute durch das Dorf. Außerdem gingen zur Anfangszeit Männer in der traditionellen Rolle als „Vorhupfer“ im Bujazl-Kostüm bei den Schellenschlagerinnen mit. Seit 2009 werden die Schellenschlagerinnen nun von weiblichen Mitgliedern im Hexenkostüm angeführt. Der Umzug am Unsinnigen Donnerstag ist ein wichtiges Ereignis im Kalender der Patscher Bevölkerung. Neben den Schellenschlagerinnen treten an diesem Tag auch die Brauchtumsgruppe Patsch, die Musikkapelle Patsch und die „Patscher Fögler“ in dieser Reihenfolge auf. 

In der männerdominierten traditionellen Tiroler Fasnacht stellen die Patscher Schellenschlagerinnen eine Ausnahme dar. Die Kostüme, vor allem Hüte, Ranzen und Larven, werden in der Regel von der Mutter an die Tochter oder der Großmutter an die Enkelin weitervererbt. Kostümteile werden aber auch zu besonderen Anlässen geschenkt. Bei den teilnehmenden Frauen handelt es sich um Personen, die in Patsch aufgewachsen sind, in Patsch leben bzw. nach Patsch gezogen sind. Dadurch hat der Brauch einen großen integrativen Charakter und ist gleichermaßen wesentlicher Teil der lokalen Identität. Der Verein der Patscher Schellenschlagerinnen tritt auch außerhalb der Fasnachtszeit in Erscheinung bspw. bei Adventsmärkten, diversen Spendenaktionen oder kulturellen Veranstaltungen. Über soziale Medien und eigener Website werden Vereinsmitglieder und Interessierte über laufende Aktionen und Aktivitäten informiert. 

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