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Immaterielles Kulturerbe

Bräuche, Wissen, Handwerkstechniken  
Foto: © UNESCO/James Muriuki

Die Kunst des Trockenmauerbaus: Erweiterung um Österreich für die Eintragung in der Repräsentativen Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit

Das Wissen und die Praxis rund um die Trockensteinmauern sollen auch bald für Österreich Teil der „Repräsentativen Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ sein. Gemeinsam mit Andorra, Belgien, Irland und Luxemburg wurde um die Erweiterung des bereits für acht europäische Länder in die internationale Liste der UNESCO eingetragenen Elements angesucht.

Am 29. März 2023 wurde in Paris das Ansuchen um Erweiterung des Elements „The Art of Dry Stone Constructions: knoweldge and techniques“ (zu Deutsch: Die Kunst des Trockenmauerns: Wissen und Techniken) unterzeichnet und der UNESCO übermittelt. Das Element befindet sich unter dem derzeitigen Titel „The Art of Dry Stone Walling: knoweldge and techniques“ für die acht europäischen Staaten, nämlich Kroatien, Zypern, Frankreich, Griechenland, Italien, Slowenien, Spanien und die Schweiz, bereits seit 2018 auf der internationalen Liste. Unter Bestreben der fünf zusätzlichen Länder Andorra, Belgien, Irland, Luxemburg und Österreich, vereint das Element bald insgesamt Gemeinschaften aus 13 europäischen Staaten unter einem abgeänderten Titel, der die Vielfalt der Steinbauten-gestaltung besser widerspiegeln soll. Ein Ergebnis über Auswertung und Aufnahme des Antrages um Erweiterung liegt voraussichtlich im Dezember 2024 vor.

Immaterielles Kulturerbe vereint bald dreizehn Staaten in Europa
Traditionsträger*innen aus fünf Staaten haben diese multinationale Erweiterung gemeinsam mit Expert*innen, NGOs, Naturparks, und öffentlichen Körperschaften vorbereitet. Sie haben ihr mit dem Bau der Trockensteinmauern verbundenes Wissen, kulturelle Bedeutung und soziale Praktiken den bereits eingetragenen Aspekten hinzuzugefügt und damit die weitreichende Wichtigkeit der Technik des Baues von Trockensteinmauern weiter unterstrichen. Die Kunst des Trockenmauerns umfasst das Wissen um die Herstellung von Steinkonstruktionen durch Aufeinanderstapeln von Steinen, ohne Verwendung anderer Materialien, außer manchmal trockener Erde. Die Technik und genauen Ausformungen einzelner Konstruktionen haben sich im Laufe von Hunderten von Jahren als Reaktion auf die örtlichen Landschaften entwickelt. Sie tragen auch zur landschaftlichen Erhaltung und nachhaltige Entwicklung bei indem sie Erdrutsche, Überschwemmungen und Lawinen verhindern, Erosion und Wüstenbildung bekämpfen, Wasser zurückhalten und die biologische Vielfalt fördern. Dadurch tragen sie zur Erreichung mehrerer nachhaltiger Entwicklungsziele (SDGs) der Agenda 2030 bei. Unter anderem SDG 9 Industrie, Innovation und Infrastruktur, SDG 11 Nachhaltige Städte und Gemeinden; und SDG 15 Leben an Land, da die Praxis einen nachweislichen und sichtbaren positiven Effekt auf die Umgebung hat. Wissen und Fertigkeiten werden sowohl informell unter den Mitgliedern lokaler Gemeinschaften (wie Weinhauer*innen und Privatinitiativen) als auch von Fachleuten (Baufirmen, Gärtnereien und Landwirtschaftsschulen) weitergegeben. 

Trockenmauerbau in Österreich
Seit Frühjahr 2021 befinden sich das Trockensteinmauerbauen im Österreichischen Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes. Denn auch hier ist die jahrhundertealte Praxis nach wie vor von großer Bedeutung. Es existieren eine Vielzahl von Initiativen, Workshops und (internationaler) Netzwerke, die das Wissen und die Techniken rund um das Bauen und Erhalten von Trockensteinmauern pflegen und erhalten. Ende 2022 wurde auch eine eigene Schule, die Trockensteinmauernschule.Austria, gegründet, welche sich der Vermittlung und Verbreitung der Praxis widmet. Neben den bereits genannten positiven ökologischen Effekten prägen die Konstruktionen immer noch die Landwirtschaft und Landschaft in Österreich. Beispielsweise sind sie integrativer Bestandteil der Weltkulturerbe-Landschaft Wachau und ihren vielen Trockenmauern-Terrassen, die den landwirtschaftlichen (Wein-)Anbau ermöglichen. 
 

Weiterführende Links:

Zusatzinformationen zu den internationalen Listen des immateriellen Kulturerbes

Einzelne Traditionen aus dem Nationalen Verzeichnis können für die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit (derzeit 569 Eintragungen) nominiert werden. Daneben besteht auch die Möglichkeit sich für das Register Guter Praxisbeispiele (derzeit 33 Eintragungen) oder der Liste des dringend erhaltungsbedürftigen Kulturerbes (derzeit 76 Eintragungen) zu bewerben. Eingetragenen Elementen können sich - durch ein spezielles Erweiterungsverfahren - auch neue Länder anschließen.

Die Elemente dieser Liste werden dann als immaterielles Kulturerbe der Menschheit und nicht als Weltkulturerbe bezeichnet. (Als Weltkulturerbe gelten Baudenkmäler, Stadtensembles und Kulturlandschaften, die von besonderem Wert für die Menschheit sind).

Die Botschafter*innen aller 13 an der Erweiterung involvierten Länder trafen sich in den Headquarters der UNESCO zur Unterzeichnung und Überreichung des Antrages an den Sekretär der Konvention, Tim Curtis.
© Permanent Representation of Ireland, Paris
Vermittlung der Praxis an UNESCO-Schulen in Kooperation mit der Welterbestätte Wachau
© Christine Emberger
In Kursen und Workshops wird über das ganze Jahr das Wissen an neue Personen übertragen
© Freunde der Gartenbauschule Langelois
Trockenmauern fördern die Erhaltung und den Bestand der lokalen Biodiverstität.
© Rainer Vogler
Trockenmauern kommen in der landwirtschaftlichen Nutzung und vor allem im Weinanbau in Österreich zum Einsatz
© Donau Niederösterreich/www.extremfotos.com