Immaterielles Kulturerbe in Ausnahmesituationen
Das lebendige Erbe in der ganzen Welt ist immer wieder von Notfällen betroffen, einschließlich Konflikten und Katastrophen, die durch natürliche und vom Menschen herbeigeführte Gefahren verursacht werden. Einerseits bedrohen Notfälle unmittelbar die Weitergabe und Überlebensfähigkeit des immateriellen Kulturerbes, andererseits ist das immaterielle Kulturerbe eine wertvolle Ressource für Gemeinschaften, um ihre Resilienz zu stärken und Gemeinschaften bei der Vorbereitung auf Notfälle, der Reaktion darauf und der Bewältigung davon zu helfen. Die Menschen finden deshalb auch in Ausnahmesituationen, wie COVID-19, kreative Wege, wie sie ihr wichtiges kulturelles Erbe leben und weitergeben können.
COVID19 und die virtuellen Salons
COVID-19 hat viele der Ausübenden des Immateriellen Kulturerbes in Österreich betroffen. Veranstaltungen wurden abgesagt, Personen konnten sich nicht mehr treffen und ihr lebendiges Erbe weitergeben und ausüben. Deshalb hat sich die Österreichische UNESCO-Kommission, nach erneuten Schließungsmaßnahmen, in die virtuelle Welt begeben und den "VIRTUELLEN SALON Immaterielles Kulturerbe" gestartet, um den Austausch und den Dialog zwischen und mit den Akteur*innen des Immateriellen Kulturerbes in Österreich zu fördern. Vertreter*innen der in das nationale Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes eingetragenen Elemente wurden zu einem Online-Treffen eingeladen und fast 50 Personen nahmen an der Auftaktveranstaltung zu diesem neuen Format teil. Die Teilnehmenden konnten sich gegenseitig inspirieren und ihre Erfahrungen mit dem Umgang von IKE in Ausnahmesituationen teilen. Einige von ihnen haben folgende vorsgetsellt:
Färbermuseum Gutau (Museum zum Blaudruck in Gutau)
Das Färbermuseum, ein wichtiger Traditonsträger des Elements des Blaudruckes musste seine Pforten schließen und der traditionelle, internationale Färbermarkt in der Gegend wurde für 2020 abgesagt. Nachdem die österreichische Regierung das Tragen von Gesichtsmasken empfohlen hatte, begann das Färbermuseum mit der Herstellung von Masken aus lokalem, mit Indigo gefärbten, Material. Die Masken wurden in der Region gegen Spenden für das Museum verteilt. Kurze Zeit später bestellte eine regionale Bank (VKB-BANK) Masken für mehr als 800 Mitarbeiter*innen. Dies zeigt eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen einer regionalen Institution und dem traditionellen Handwerk. Aktionen wie diese fördern die Solidarität in Zeiten der Krise.
Lokales Heilwissen im Pinzgau
Während der Covid-19-Pandemie suchten die Menschen nach (neuen) Möglichkeiten, sich vor dem Coronavirus zu schützen: Gibt es neben dem Händewaschen auch Kräuter oder Tinkturen, die der Gesundheit zuträglich sind und das Immunsystem stärken können? Wenn Desinfektionsmittel plötzlich Mangelware sind, welche (natürlichen) Alternativen gibt es dann? Im Pinzgau hat das Wissen um die Verwendung von Pflanzen und Kräutern in der traditionellen Medizin in der Öffentlichkeit massiv an Interesse gewonnen. Die Menschen haben (wieder) gelernt, dass natürliche Kräuter das Immunsystem des Körpers unterstützen können. Die Pandemie hat also das Bewusstsein für die Bedeutung des lokalen Heilwissens geschärft, das bis heute im Pinzgau in Österreich gesammelt und genutzt wird. Da sich die meisten Heilpraktiker jedoch an der Grenze zu Deutschland befinden, ist der Austausch und die Weitergabe derzeit stark gestört.
Output
Die erste Ausgabe des Salons befasste sich mit der Covid-19-Pandemie und ihren Auswirkungen auf das immaterielle Kulturerbe in Österreich. Akteur*innen, darunter Traditionsträger*innen, NGOs und Expert*innen, tauschten sich über ihre Bemühungen, Sorgen und Initiativen aus. Die virtuelle Plattform bot Raum für die Diskussion von Einzelfällen und den Austausch von Geschichten, neuen Ideen und inspirierenden Projekten, die nach der Sperrung initiiert wurden. Basierend auf diesen Beispielen und Erfahrungen, hat die UNESCO eine Sammlung von Immateriellen Kulturerbe in Zeiten der Krise publiziert, die auch die beiden oben genannten Beispiele enthält.