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Immaterielles Kulturerbe

Bräuche, Wissen, Handwerkstechniken  
Foto: © UNESCO/James Muriuki

Tarock-Königrufen
Gesellschaftliche Praktiken in ganz Österreich, aufgenommen 2024

„Tarock-Königrufen“ ist ein Kartenspiel aus der Familie des Tarocks. Es wird österreichweit seit mehr als zwei Jahrhunderten gespielt und ist bis heute weit verbreitet. Das „Königrufen“ ist ein besonderes Kartenspiel, das mit der europäischen und der österreichischen Geschichte verbunden ist. Es besticht durch spielerischen und sprachlichen Variantenreichtum, Strategie und das Training der Merkfähigkeit. Die Spieler*innen nennen sich meist einfach Tarockierer*innen.

Das Tarockspiel entstand in der Frührenaissance in Oberitalien, fand seine Weiterentwicklung in Frankreich und kam schließlich in den deutschen Sprachraum. Die Regeln des „Königrufens“ wurden erstmals 1827 schriftlich dokumentiert. Das „Königrufen“ wurde in Österreich erheblich weiterentwickelt und begeistert über lokale, geschlechtliche und soziale Grenzen hinweg. Der Grundpfeiler für diese Praktik ist das namensgebende „Königrufen“: Ein*e Spieler*in sucht durch das Rufen eines Königs eine*n Partner*in. Zudem gibt es eine erhebliche Anzahl von Spielen, in denen ein*e Spieler*in allein gegen die drei anderen spielt. Das Spielziel ist, die Mehrheit der Punkte zu erringen (36 Punkte bzw. 35 Punkte und zwei Blatt). Gespielt wird immer zu viert mit 54 Karten. Jede*r Spieler*in erhält zwölf Karten, sechs verbleiben im Talon. Bei jedem Spiel gibt es ein in den Grundsätzen gleiches Regelwerk, das jedoch regional viele Varianten aufweisen kann – mit einer großen Anzahl möglicher Spiele, Ansagen und persönlicher Interaktionen. Trotz der vielen Varianten des Kartenspiels verbindet alle Spieler*innen die Verwendung einer bestimmten Kartenart – Tarockkarten.


Die Tarockspieler*innen haben eine gemeinsame „Tarockphilosophie“ und Tarocksprache mit einer großen Anzahl an spezifischen Begriffen und Ausdrücken (bsp.: „ein Vogerl zu machen“, „den Gstieß zu schlagen“ oder „den Pagat heimgehen zu lassen“). Neben der Weitergabe von Merksprüchen und traditionellen Praktiken, werden die Regeln und Spielstrategien von erfahrenen Spieler*innen an Interessierte weitergegeben (im Familienverbund, im Freundeskreis, in Gasthausrunden oder in speziellen Tarockkursen). Wesentliche Traditionsträger*innen sind die sieben regionalen Tarockcups (Hausruckviertel, Kärnten, Mühlviertel, Sauwald, Steiermark, Tirol und Wien). Durch die Wettbewerbe lernen die Teilnehmenden mit Anerkennung, Erfolgen, Niederlagen und den damit verbundenen Emotionen umzugehen. Die rund 100.000 Tarockierer*innen in Österreich schätzen an dieser Praktik das gemeinsame Spiel – es schafft Gemeinschaft und Gruppenidentifikation.

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© Franz Mittmannsgruber
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