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Immaterielles Kulturerbe

Bräuche, Wissen, Handwerkstechniken  
Foto: © UNESCO/James Muriuki

Immaterielles Kulturerbe – gestern, heute, morgen.

Unter dem Titel „Impulse eines praxis-orientierten Re-Definierens im (post)-migrantischen Europa“ wurde in einem Online-Fachgespräch am 3. Dezember die vielschichtige Realität des gelebten Immateriellen Kulturerbes thematisiert.

Europaweit ist die Diversität der Bevölkerung Realität. Diese ist jedoch offiziell noch längst nicht anerkannt und oft werden Traditionen und Bräuche, auch über viele Generationen hinweg, eher im Verborgenen gefeiert und praktiziert. Auch die seit vielen Jahrzehnten anerkannten sog. Volksgruppen in Österreich leben immaterielles Kulturerbe. Vermischen und hybridisieren sich gesellschaftliche Rituale zunehmend? Wie ist dies zu bewerten? Wie wird dies in anderen europäischen Ländern verhandelt?

In diesem Fachgespräch wurden verschiedene aktuelle Perspektiven in Bezug auf Österreichisches Immaterielles Kulturerbe dargelegt und anschließend diskutiert.

Eingeladen waren Traditionsträger*innen, deren Traditionen, Wissen oder Praktiken, bereits im nationale Verzeichnis des Immaterielles Kulturerbe gelistet sind; darunter Martina Piko-Rustia in Vertretung für die Slowenischen Hof-und Flurnamen (Eingetragen 2010) oder Marko Kölbl, der die Einreichung der Stinatzer Hochzeit (Eingetragen 2020) begleitet hat. Beide Elemente sind geprägt durch ein (binnen-)migratorisches Erbe, dass in den Gemeinschaften gelebt wird. Asma Aiad, Künstlerin und Mitbegründerin von Salam Oida und Simonida Selimovic, Künstlerin, Schauspielerin und Aktivistin sprachen über den notwenigen Prozess der Anerkennung und Identifizierung des eigenen gelebten kulturellen Erbes, um dieses nach außen tragen zu können. Beide Künstlerinnen setzen sich in ihren Projekten in kreativer Art und Weise mit immateriellen Erbe auseinander und tragen dazu bei, es für andere Menschen sichtbar zu machen.

Wer definiert nun was immaterielles Kulturerbe ist? Kulturelles Erbe steht und fällt mit ihren Traditionsträger*innen und deren Identifizierung und der kreativen Weitergabe. Die Konvention möchte gelebtes Erbe in Form und Vielfalt, wie sie in einer Region gelebt wird, sichtbar machen. Dabei beschränke es sich nicht auf die Traditionen der Mehrheitsgesellschaft, die Herkunft ist dabei indifferent, so betont Helena Drobna, Regional Office Manager der UNESCO.

Modelle aus anderen Ländern zeigen einen gänzlich anderen Zugang in der Entscheidungsfindung eines Landes, wie immaterielles Erbe zu erkennen ist. In Finnland ermöglicht eine offene Plattform,  der Bevölkerung die allzeit mögliche Eintragung von Elementen.

Immaterielles Erbe ist stark mit Emotionalität verbunden, die Sichtbarmachung gleicht dabei der Anerkennung eines Teils der eigenen Identität. (Kunst)projekte verfolgen ähnliche Ziele wie ein nationales Verzeichnis: Sichtbarmachung, Vermittlung und Aufrechterhaltung des eigenen Erbes. Die Eintragung in ein nationales Verzeichnis hat vor allem symbolische Bedeutung. Umso zeitgemässer ist ein Verzeichnis, das die gelebte Diversität in Österreich widerspiegelt und das (post)migrantische Erbe öffentlich anerkennt.

Fazit: Was immaterielles Kulturerbe nun ist, was nicht und was es umfasst, bleibt jedoch eine offene, weiterhin zu führende Debatte, auf allen Ebenen. Diese wird immer dynamisch bleiben, so wie auch das immaterielle Kulturerbe selbst.