Statement von Mitgliedern der ARGE Kulturelle Vielfalt
Die Arbeitsgemeinschaft Kulturelle Vielfalt (ARGE) ist die Dialogplattform zur Beteiligung der Zivilgesellschaft am Prozess der Umsetzung der UNESCO-Konvention "Vielfalt kultureller Ausdrucksformen". In einem Statement sprechen sich Mitglieder der ARGE Kulturelle Vielfalt gegen jeden Antisemitismus aus.
Grundsatzerklärung
Gegen jeden Antisemitismus
Die 1948 etablierte Allgemeine Erklärung der Menschenrechte entstand vor dem Hintergrund der Shoa – der industriellen Massenermordung von Jüdinnen und Juden. 75 Jahre später sehen wir uns mit einer Welle des Antisemitismus konfrontiert, wie es sie seit dem Sieg über den Nationalsozialismus nicht mehr gab.
Seinen Ursprung hat der enorme Anstieg des – einmal offenen, einmal weniger offenen – Antisemitismus im Massaker der Hamas an Menschen in Israel. Dessen Ausmaß an Hass und entmenschlichter Gewalt stellt den schlimmsten Angriff auf jüdische und als jüdisch wahrgenommene Menschen seit dem Ende des Nationalsozialismus dar.
Dieses Ausmaß an Gewalt – auch der andauernden sexualisierten Gewalt gegen Frauen* – hätte einen unüberhörbaren Aufschrei und gigantischen Protest nach sich ziehen müssen. Passiert ist das allerdings kaum. Im Gegenteil: Es kam zu einer Reihe von „Ja, aber“-Reflexen, gefolgt von antisemitischen und die Rolle der Hamas relativierenden oder gar leugnenden Äußerungen. Und das nicht nur bei alten und neuen Rechten (und Rechtsextremen), sondern lautstark und mitunter auch gewalttätig an Universitäten und im Kunst- und Kulturbetrieb, wenn Identitätspolitiken und postkoloniale und/oder queere Diskurse Antisemitismus reproduzieren. Wir wollen und werden diese wichtigen gesellschaftspolitischen Diskurse, nicht dem Antisemitismus überlassen. Es ist unabdingbar, dass der Kunst- und Kultursektor solidarische Praxen entwickelt, die sich zugleich als anti-antisemitisch und antirassistisch verstehen.
Der Strike Germany-Aufruf gegen deutsche Kultureinrichtungen wegen der versuchten Einführung der Nichtförderungswürdigkeit bei Antisemitismus und anderer Diskriminierung und Ausgrenzung durch den Berliner Senat oder der geforderte Song- Contest-Ausschluss von Israel zeigt wie tief dieser „Ja, aber“-Reflex in die Gesellschaft eingedrungen ist, beide Initiativen werden von Künstlerinnen und Künstlern getragen. Die Diskussion um die Nichtzulassung des israelischen Song-Contest-Beitrags wegen Bezugnahme auf das Massaker der Hamas sowie der Genozid-Vorwurf an Israel bei gleichzeitigem Verschweigen des vorangegangenen Massakers der Hamas bei der Preis-Gala der Berlinale und beim geforderten Ausschluss von Israel aus der Biennale in Venedig komplettieren dieses Erscheinungsbild.
Es ist daher dringend geboten, sich klar und eindeutig gegen jeden Antisemitismus zu stellen, auch gegen einen, der sich im Schutzmantel der Unterstützung pro-palästinensischer Positionen für die von der Hamas intendierte Vernichtung des Staates Israel und seiner Bevölkerung engagiert. Es ist gleichzeitig unerlässlich, sich gegen das Leid der Bevölkerung im Gaza-Streifen, für die Entmilitarisierung der Diktatur des Hamas-Regimes, für Friedenslösungen und für die Freilassung der Geiseln einzusetzen.
Die Absichten des Antisemitismus und der Hamas und ihrer Verbündeten und Unterstützerinnen und Unterstützer sind klar, sie dienen nicht der Verständigung oder der Erhaltung kultureller Vielfalt, sie verfolgen die Auslöschung allen jüdischen Lebens und dienen der Beraubung jeglicher individueller Freiheit und menschlicher Selbstbestimmung und Würde, sogar noch über den Tod hinaus. Nichts anderes wurde beim Massaker am 7. Oktober 2023 demonstriert.
Es gibt keine Rechtfertigung für solche Gewalttaten, vielmehr die Notwendigkeit weder ihre Verharmlosung noch ihre Relativierung zuzulassen, sowohl was den historischen Antisemitismus betrifft als auch den heutigen.
Die Arbeit der ARGE Kulturelle Vielfalt ist auf Erhaltung der kulturellen Vielfalt ausgerichtet, nicht auf ihre Verhinderung oder Zerstörung. Sie sieht mit großer Sorge, wie auch der Kunst- und Kulturbereich, Universitäten und Schulen zu Austragungsorten antisemitischer Auftritte werden und warnt ausdrücklich vor der dauerhaften Beschädigung der über Jahrzehnte hinweg gegen alle politischen Hindernisse aufgebauten kulturellen Verständigung.
Die ARGE Kulturelle Vielfalt spricht sich mit allem Nachdruck gegen jeden Antisemitismus aus.
Unterzeichner*innen
Sheri Avraham & Daniela Koweindl, IG Bildende Kunst
Zora Bachmann, Dachverband der Filmschaffenden
Andrea Glauser, Professorin für Kulturwissenschaft, mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
Sabine Kock, Art Mobility Austria
Zahra Mani, Austrian Composers
Patrick Mathä, EU XXL
Gerhard Ruiss, IG Autorinnen Autoren
Edith Wolf Perez, ARTS for HEALTH AUSTRIA
Kulturrat Österreich
Für Rückfragen:
Mitglied der ARGE Kulturelle Vielfalt: Gerhard Ruiss, IG Autorinnen Autoren
Telefon: 01 526 13 01