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Vielfalt kultureller Ausdrucksformen

Freiräume für Kunst und Kultur  
Foto: © Caroline Minjolle

Kunstfreiheit aktuell

Die politische Philosophin Lillian Fellmann und der Menschenrechtsexperte Hannes Tretter widmen sich in zwei Artikeln Fragen zur künstlerischen Freiheit, ihren Grenzen und aktuellen Bedrohungen in Österreich und Europa. Während Hannes Tretter juristische Antworten auf seine Frage „Darf Kunst alles?“ findet, ruft Lillian Fellmann zum Zusammenhalt der Szene auf.

Kunstfreiheit ist ein universelles Menschenrecht und als solches in Österreich und der EU gesetzlich verankert. Darüber hinaus haben sich Österreich und die EU mit der Ratifikation der UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung Vielfalt Kultureller Ausdrucksformen zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie zur Ermöglichung von Teilhabe aller Menschen an einer Vielfalt kultureller Ausdrucksformen verpflichtet. Dass dieses Ziel weltweit, aber auch zunehmend in Europa, noch nicht erreicht ist, wird im aktuellen Bericht von Freemuse zu „the State of Artistic Freedom“ mehr als deutlich: 2018 wurden 673 Fälle in 80 Ländern gezählt – wobei es sich dabei erst um die Spitze des Eisberges handelt.

Vor diesem Hintergrund macht Lillian Fellmann in ihrem Artikel „Künstlerische Freiheit in Europa – Kulturelle Alchemie: Von der Separierung ins Ko-Kreieren“ auf die aktuelle Problemlage in Europa aufmerksam. Die politische Philosophin und Journalistin koordiniert seit 2015 das Netzwerk „Arts Rights Justice Europe“, welches an der Sichtbarmachung von Menschenrechtsverletzungen in Kunst und Kultur arbeitet. Nicht nur Verstöße gegen das Recht auf Kunstfreiheit, sondern auch der Anstieg von Hass im Netz, die Abwesenheit von Rechtsstaatlichkeit und der Zusammenhang mit Streichung und Reduktion finanzieller Mitteln beobachtet die Expertin.

Hannes Tretter, einer der Gründer des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte, untersucht in diesem Kontext den Kunstfreiheitsbegriff und gibt juristische Antworten auf oft gestellte und genauso oft unbeantwortete Fragen.
Faktum ist, dass Kunst oft dann in Bedrängnis gerät, wenn gegen ethische und moralische Grundsätze verstoßen, Kritik an gesellschaftlichen und politischen Zuständen geübt wird, wenn vermeintliche Gewissheiten in Frage gestellt, Tabus gebrochen, Recht und Freiheiten anderer berührt werden.“ Anhand anschaulicher Beispiele zeigt Tretter in seinem Aufsatz „Freiheit der Kunst im Konflikt“ juristische Schranken der Kunstfreiheit, wenn diese beispielsweise in Konflikt mit Religionsfreiheit oder Persönlichkeitsschutz gerät, sowie gesetzliche Verankerungen des Begriffes auf.

Über ebendiese Rechtslage, sind sich Kunstschaffende und Kulturmanager*innen oftmals nicht im Klaren. Wie eine Erhebung des Netzwerkes Arts Rights Justice ergibt, überwiegen Gefühle der Hilflosigkeit und Ohnmacht in bedrohlichen Situationen und Übergriffen an Kunstschaffenden. Dass Prävention und Dokumentation Hand-in-Hand gehen müssen, um Veränderungen zu bewirken ist für Fellmann klar. Auch Yvonne Gimpel, Geschäftsführerin der IG Kultur, Österreich, macht auf die Problematik aufmerksam und fordert für Österreich unabhängige Monitoring-Einrichtungen wie auch Beratungs- und Unterstützungsstellen, die beratend zur Seite stehen können. Immerhin ist Meinungsfreiheit, und somit auch die Kunstfreiheit Teil der Grundfeste einer demokratischen Gesellschaft, welche es gilt in Österreich und EU-weit zu bewahren.

Lillian Fellmann 
ist politische Philosophin und Journalistin; sie arbeitet seit 15 Jahren als Kuratorin und Direktorin an der Schnittstelle zwischen Kunst und Politik. Sie war Fulbright-Fellow, Programmverantwortliche am Vera List Center for Art and Politics (New School University, New York), Programmdirektorin von Res Artis, einem globalem Netzwerk für Künstler*innen-Residenzen in Amsterdam sowie Gründerin der Kunsthalle Luzern. Seit 2015 koordiniert sie Arts Rights Justice Europe, ein Netzwerk für Grund- und Menschenrechtsverletzungen in Kunst und Kultur.

a.o. Univ.-Prof. i.R. Dr. Hannes Tretter
ist einer der Gründer und früheren Leiter des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte sowie außerordentlicher Universitätsprofessor i.R. für Grund- und Menschenrechte am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien. Im Verwaltungsrat der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte fungierte Hannes Tretter als stellvertretender Vorsitzender, in der Österreichischen Liga für Menschenrechte als Vorstandsmitglied. Hannes Tretter ist Absolvent der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (Dr. iur.). 


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