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Immaterielles Kulturerbe

Bräuche, Wissen, Handwerkstechniken  
Foto: © UNESCO/James Muriuki

Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen und Universitäten

Die UNESCO misst der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit kulturellem Erbe eine tragende Rolle für die Dokumentation, Erhaltung und Weiterentwicklung des Immateriellen Kulturerbes bei. Seit Anbeginn begleiten Wissenschaftler*innen aus unterschiedlichen Disziplinen die Konvention von 2003 zum Schutz und Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes und ihre Umsetzung. Ihr Einfluss war wesentlich in der Sichtbarmachung lebendiger Praktiken als wichtigem Teil kulturellen Erbes, der Erstellung des heute gültigen Konventionstextes und der Beforschung der Konvention und lebendiger Praktiken, die nach wie vor zur Gestaltung und Entwicklung des Immateriellen Kulturerbes insgesamt beitragen. Vertreter*innen aus Wissenschaft und Forschung — z.B. einschlägige UNESCO-Lehrstühle — bringen ihre Expertise unter anderem als Mitglieder des Evaluation Body der UNESCO und als Berater*innen auf internationaler und nationaler Ebene ein. Kooperationen mit Forschenden und Universitäten sind auch wichtige Impulsgeber*innen für die Umsetzung der Konvention des Immateriellen Kulturerbes. Die Beauftragung und Begleitung von Studien, beispielsweise jene unter dem Titel „Traditionelle Heilmethoden in Österreich“ von Michaela Noseck-Licul oder „Traditionelles Handwerk als immaterielles Kulturerbe und Wirtschaftsfaktor in Österreich“ von Roman Sandgruber, Heidrun Bichler-Ripfel und Maria Walcher, tragen dazu bei, die Bedeutung lebendigen Erbes sichtbar zu machen und fördern den Erhalt und die Weiterentwicklung entsprechender Praktiken.

Die Kooperation der Kommission mit Universitäten ist eine wirksame Möglichkeit, Perspektiven und Inhalte der Konvention an (angehende) Forscher*innen zu vermitteln und die Beschäftigung mit Immateriellem Kulturerbe anzuregen. Das Immaterielle Kulturerbe profitiert in vielfacher Weise von der wissenschaftlichen Auseinandersetzung jenseits von Dokumentation und Aufzeichnung:

  • Wissenschaftler*innen können beispielsweise neue Technologien oder Methoden entwickeln, um die Erhaltung von Immateriellem Kulturerbe zu verbessern. Träger*innen könnten dann dieses Wissen nutzen, um kulturelles Erbe besser zu schützen und zu erhalten.
  • Außerdem können die durch Forschung gewonnenen Erkenntnisse dazu beitragen, dass kulturelles Erbe für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Dies kann wiederum das Verständnis und die Wertschätzung für kulturelles Erbe in der Gesellschaft bestärken.
  • Darüber hinaus ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Elementen, sowie dem Immateriellen Kulturerbe allgemein, von großer Bedeutung in ihrer Reflexion, Auswirkung und Entwicklung.

Umgekehrt bietet die Vielfalt lebendigen Erbes großes Potential zur wissenschaftlich-kritischer Beschäftigung. Wichtig ist dabei vor allem der Beitrag, den Immaterielles Kulturerbe zur nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 leistet. Praktiken wie u.a. der Trockensteinmauerbau, die Traditionelle Bewässerung oder das Wissen um die Lawinengefahr sind Beispiele für Fertigkeiten, die nachweislich den Auswirkungen des Klimawandels entgegenwirken und zum Schutz und zur Erhaltung des lokalen Ökosystems beitragen. Dies veranschaulicht die UNESCO unter anderem mit einem eigens eingerichteten visuellen Tool, welches unter folgendem Link abrufbar ist: https://ich.unesco.org/en/dive&display=sdg#tabs.

Inzwischen wurde Immaterielles Kulturerbe an einigen Universitäten in die Curricula aufgenommen, beispielsweise der „Heritage Studies“– Lehrgänge und Studien, die sich vormals auf das materielle Kulturerbe beschränkten und sich vermehrt um die immaterielle Dimension erweitern.

Beispiele universitärer Kooperationen in Österreich

Insgesamt gibt es zahlreiche Möglichkeiten wie Wissenschaft und Immaterielles Kulturerbe voneinander profitieren können. Es ist umso erfreulicher, dass die Österreichische UNESCO-Kommission seit der Ratifizierung der Konvention diverse Kooperationen mit Universitäten eingehen konnte. Dies brachte unter anderem 2015 eine Ringvorlesung am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien hervor, die sich mit den Interaktionen von Kultur, Politik und Ökonomie zur Inwertsetzung von Kultur im Tourismus und der Regionalentwicklung auseinandersetzte und verschiedene Akteur*innen aus dem Bereich des Immateriellen Kulturerbes zusammenbrachte. In Zusammenarbeit mit demselben Institut fand 2021-2022 ein Feldpraktikum samt Methodenseminar statt, in dem angehende Forscher*innen im Studium erlernte ethnographische Methoden anwandten (teilnehmende Beobachtung, Interviews, etc.), um Praktiken und Aspekte des Immateriellen Kulturerbes in Österreich zu beforschen und zu reflektieren, etwa anhand kultur- und sozialanthropologischer Perspektiven wie bspw. Intersektionalität und Repräsentation von „Kultur“. Die Ergebnisse dieses Forschungsprojekts wurden in Form einer Broschüre veröffentlicht.

Aber nicht nur ethnologische, bzw. anthropologische Studienrichtungen sind wichtige Kooperationspartner*innen. Eine ebenso große Rolle spielen naturwissenschaftliche Studienfächer, wie beispielsweise die Ethnobotanik, die sich mit der Beziehung zwischen Menschen und Pflanzen befasst. In mehreren Summer Schools wurden der Zusammenhang zwischen Ethnobotanik und Immateriellem Kulturerbe sowie der Beitrag der Ethnobotanik zur Wahrung des tradierten Wissens diskutiert.

Dies sind jedoch nur einige Beispiele, wie sich die Zusammenarbeit von Wissenschaft und dem lebendigen Erbe beidseitig bereichernd gestalten kann. Den Kooperationsmöglichkeiten mit Universitäten sind theoretisch kaum Grenzen gesetzt. Sollten Sie Interesse haben, an einer wissenschaftliche Forschung rund um das Thema oder Elemente des Immateriellen Kulturerbes, können Sie jederzeit Kontakt mit uns aufnehmen unter der E-Mailadresse: oeuk@unesco.at.