Gotische Architektur prägt das Stadtbild vieler europäischer Städte. Die Akademie der Bildenden Künste ist im Besitz der weltweit größten Sammlung von gotischen Baurissen, die zwischen 1150 und 1550 datieren und unter anderem Einblicke in die Konstruktion gotischer Kathedralen ermöglichen.
Die Epoche der Gotik (ca. 1150-1550 n. Chr.) gilt mit ihren komplexen Bauten zu den bedeutendsten Epochen der europäischen Architekturgeschichte. Der Baustil entwickelte sich in der Île-de-France und breitete sich über weite Teile Europas aus, wo er zu Regionalstilen weiterentwickelt wurde. Im Gegensatz zu Kirchen der vorherigen romanischen Epoche (ca. 950-1150 n. Chr.), die niedrig und aufgrund der kleinen Rundfenster verhältnismäßig dunkel waren, gelang den Baumeister mit den gotischen Kathedralen eine technische Meisterleistung: die großflächige Auflösung der hohen Mauern durch Glasfenster. Spitzbögen und Rippengewölbe betonen die Vertikalität der Architektur, während die Strebepfeiler der Außenwand die Schubkräfte der Gewölbe aufnehmen und nach außen umleiten. Dies ermöglichte es, große Spitzbogenfenster zu integrieren. Die hohen, lichtdurchfluteten Innenräume bilden mit ihren filigranen Skulpturen und der farbintensiven Glasmalerei ein Gesamtkunstwerk. Die Kathedralen vermitteln mit ihrem schwerelosen, hellen Charakter das Loslösen von der irdischen Sphäre, das von Baumeistern späterer Jahrhunderte nicht mehr erreicht werden kann.
Für die Umsetzung solch komplexer Bauvorhaben bedarf es eines Planungsprozesses mit detaillierten Bauzeichnungen, die erstmals in der Gotik greifbar sind. Die Sammlung der Akademie der Bildenden Künste besitzt 425 solcher Zeichnungen von gotischen Bauten des 12.-16.Jh. und ermöglicht es, Einblicke in die Planung von Bauten und das Denken der Baumeister zu erhalten.
Weltweite Bedeutung
Die Akademie der Bildenden Künste besitzt die ältesten erhaltenen gotischen Baurisse und 85% des weltweiten Bestandes. Die Sammlung beinhaltet Bauzeichnungen der Früh-, Hoch- und Spätgotik und ihren regionalen Interpretationen. Neben ihrer akademischen Bedeutung als Forschungswerkzeug für Spezialisten der mittelalterlichen europäischen Architekturgeschichte, sind sie gleichzeitig die ersten Beispiele des Architekturentwurfs, der noch heute für die städtebauliche Entwicklung unerlässlich ist.
