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Dokumentenerbe

„Memory of the World“/„Gedächtnis der Menschheit“  
Foto: © Österreichische Nationalbibliothek

Die Nitrooriginale des österreichischen Spielfilms „Die Stadt ohne Juden“ (1927)
, aufgenommen 2022

Der Stummfilm "Die Stadt ohne Juden" aus dem Jahr 1924 gilt heute als wohl wichtigste österreichische Filmproduktion der Zwischenkriegsjahre.

Der nach einer Romanvorlage des jüdischen Schriftstellers und Journalisten Hugo Bettauer 1924 in Wien gedrehte Film zeigt in beklemmender Voraussicht die kulturelle und wirtschaftliche Verarmung einer Stadt nach Vertreibung der jüdischen Bevölkerung und gilt weltweit als erste filmkünstlerische Auseinandersetzung mit den Folgen des Antisemitismus. Dem Autor selbst wurde ein Jahr nach der Premiere des Films das Opfer eines nationalsozialistischen Attentats.

Bereits 1991 hat das Filmarchiv Austria in den Niederlanden ein Fragment des jahrzehntelang verschollenen Filmes wiederentdeckt. Nachdem auf einem Pariser Flohmarkt eine weitere Originalquelle entdeckt und repatriiert werden konnte, wurde der Film 2016 nach einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne in Kooperation mit über sechshundert österreichischen und internationalen Unterstützern auf Basis der heute im Filmarchiv Austria aufbewahrten Nitropositive der ersten Generation restauriert. Die unter den Inventarnummern 1:06671-0114 und 2:00058034-0111 im Filmarchiv Austria aufbewahrten Nitro-Originale sind zentrale Artefakte des österreichischen Filmerbes und sind die einzigen heute noch nachweisbaren Filmelemente.

"Die Stadt ohne Juden" gilt heute als ein erstes filmkünstlerisches Statement Österreichs gegen den Antisemitismus, der gerade nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg in Österreich gezielt politisch instrumentalisiert wurde. Der im Film thematisierte Umgang einer Mehrheitsgesellschaft mit ihren Minderheiten, deren Ausgrenzung, Stigmatisierung und Kriminalisierung hat dabei auch im Europa des 21. Jahrhunderts nichts an Aktualität verloren.

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