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Querschnittsthemen

 

Treffen des Europäischen Netzwerks für Nachhaltige Entwicklung 2025 in Brüssel

Die mittlerweile 10. Konferenz des Europäischen Netzwerks für Nachhaltige Entwicklung (kurz: ESDN) fand am 23. April in Brüssel statt. Das Treffen im Rahmen der Peer Learning Platform diente dem gemeinsamen Austausch und dem Voneinander-Lernen der Netzwerkmitglieder. Unsere Jugenddelegierte Cäcilia Regner war als Sprecherin dabei und berichtet aus Brüssel.

Die diesjährige Konferenz der Peer Learning Platform des Europäischen Netzwerks für Nachhaltige Entwicklung (ESDN) fand unter dem Titel „The Integrative and Framing Power of the SDGs - Keeping Sustainable Development Relevant in Europe“ statt​. Die eintägige Konferenz widmete sich der Frage, wie die Agenda 2030 und die SDGs angesichts geopolitischer und wirtschaftlicher Herausforderungen weiterhin umgesetzt werden können. Ziel war es, bewährte Praktiken auszutauschen und Wege zu finden, nachhaltige Entwicklung trotz sinkender Budgets, Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche als Leitlinie zu verankern.

Keynote der Jugenddelegierten

Gemeinsam mit der luxemburgischen Jugenddelegierten, Lara Bertemes, hatte ich die Gelegenheit, eine Keynote zu halten und die Stimme der jungen Generation in die Diskussion um die Zukunft der Agenda 2030 einzubringen. Gestützt auf vorab geführte Konsultationen innerhalb des ESDN Youth Network, formulierten wir stellvertretend eine teils ernüchternde Bestandsaufnahme aus jugendlicher Perspektive: Ein deutlicher Momentum-Verlust in der Umsetzung der Agenda 2030 ist spürbar​. Leider scheint es momentan so, dass die SDGs drohen, zu reinen Lippenbekenntnissen zu werden, während internationale Kooperationen zunehmend durch nationale Interessen ersetzt werden. Wir appellierten daran, besonders SDG 16.7 (inklusive, partizipative Entscheidungsfindung) nicht zu vernachlässigen und nachhaltige Entwicklung als Grundlage von Resilienz und Frieden zu begreifen.

Ein besonderer Schwerpunkt lag auf dem Thema Bildung (SDG 4): Eine umfassende und moderne Bildung ist essenziell, um die SDGs langfristig zu verwirklichen​. In diesem Zusammenhang kritisierten wir die zunehmende Mittelverlagerung hin zu Sicherheits- und Verteidigungsbereichen zulasten von Bildungsinvestitionen. Andererseits betonten wir auch die positiven Entwicklungen, insbesondere die wachsende Jugendbeteiligung auf europäischer Ebene, und zeigten gute Praxisbeispiele aus Österreich, Luxemburg und den Niederlanden auf​.

Integration der SDGs in die Politikgestaltung häufig unzureichend

In den weiteren inhaltlichen Sessions wurde deutlich, dass die Integration der Agenda 2030 in die Politikgestaltung bislang unzureichend erfolgt. Denn häufig wird nur im Nachinein überprüft, ob politische Maßnahmen zur Umsetzung bestimmter SDGs beitragen könnten – anstatt die Agenda 2030 als Ausgangspunkt und übergeordnetes Steuerungsinstrument für die Formulierung von Maßnahmen zu verwenden. Dieser „Box-Ticking“-Ansatz wird aus unserer Perspektive der Komplexität und dem Anspruch nachhaltiger Entwicklung nicht gerecht und muss dringend durch ein strategisches, vorausschauendes Verständnis der SDGs ersetzt werden.

Ruf nach strategischeren und sozialeren Ansatz zur Umsetzung der Agenda 2030

Ein wiederkehrendes Thema war auch die unzureichende Beachtung der sozialen Dimension nachhaltiger Entwicklung. Es wurde eindringlich darauf hingewiesen, dass soziale Ungleichheiten nicht nur ein ethisches Problem darstellen, sondern konkrete politische Folgen haben: Je stärker Armut und soziale Unsicherheit wachsen, desto anfälliger werden Gesellschaften für Polarisierung und populistische Strömungen. Nachhaltige Entwicklung müsse deshalb untrennbar mit dem entschlossenen Kampf gegen Armut und soziale Spaltung (SDG 1) verbunden werden. 

Im Zusammenhang mit dem privaten Sektor wurde zudem ein weit verbreitetes Missverständnis aufgeklärt: Entgegen der Annahme, Unternehmen würden Regulierung generell ablehnen, wurde betont, dass klare Rahmenbedingungen von vielen Wirtschaftsakteur*innen ausdrücklich gewünscht werden. Unternehmen benötigen Orientierung, innerhalb welcher nachhaltigen Standards sie agieren sollen. Klare Vorgaben schaffen Planbarkeit, Transparenz und letztlich auch Wettbewerbsfähigkeit – ein Aspekt, der für die stärkere Einbindung des privaten Sektors in die Umsetzung der SDGs von zentraler Bedeutung ist.

Trotz geopolitischer Spannungen und sich verschiebender globaler Machtverhältnisse herrschte Konsens darüber, dass gerade in Zeiten multipler Krisen nachhaltige Entwicklung kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit ist. Der Ruf nach einem strategischeren, mutigeren und sozialeren Ansatz zur Umsetzung der Agenda 2030 zog sich daher wie ein roter Faden durch alle Diskussionen.

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Konferenz

  • Die Agenda 2030 muss als dynamischer Kompass für Politikgestaltung verstanden werden, nicht als Checkliste.
  • Nachhaltige Entwicklung braucht in Krisenzeiten bewusste Priorisierung.
  • Jugendbeteiligung in der nachhaltigen Entwickelung muss nicht nur eingeladen, sondern auch institutionell und finanziell nachhaltig abgesichert werden.

Trotz aller aktuellen Herausforderungen bietet die ESDN Peer Learning Platform ein wichtiges Forum, um den europäischen Austausch zur Agenda 2030 aufrechtzuerhalten und neue Impulse zu setzen. Als Jugenddelegierte habe ich erlebt, dass das Interesse an jugendlichen Perspektiven wächst, auch wenn noch viel Potential ungenutzt bleibt. Die Konferenz war eine wertvolle Gelegenheit, sowohl kritisch als auch konstruktiv die Perspektive der nächsten Generation einzubringen. 


Cäcilia ist Jugenddelegierte der Österreichischen UNESCO-Kommission und setzt sich im Rahmen einer Kooperation mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft insbesondere für SDG 4.7 ein. 


Hintergrund

Jugenddelegierte der Österreichischen UNESCO-Kommission im Einsatz für SDG 4.7

Die Position der Jugenddelegierten für Bildung für Nachhaltige Entwicklung und Global Citizenship Education wurde im Jahr 2023 im Rahmen einer Kooperation zwischen der Österreichischen UNESCO-Kommission und dem (damaligen) Klimaministerium (BMK), Abteilung V/9 – Nachhaltige Entwicklung und Bewusstseinsbildung, eingerichtet. Ziel ist es, Entwicklungen im Kontext von SDG 4.7 aus einer Jugendperspektive zu reflektieren und Akteur*innen dabei zu unterstützen, diese Sichtweise bei Umsetzungsmaßnahmen besser zu berücksichtigen. 

Kontakt: youthrep@unesco.at

Links

Jugenddelegierte Cäcilia Regner (Österreichische UNESCO-Kommission) und Lara Bertemes (Luxemburg), v.l.n.r.
© ÖUK
Keynote der Jugenddelegierten im Rahmen der 10. ESDN Peer Learning Platform am 23. April in Brüssel
© ÖUK