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Presse

der Österreichischen UNESCO-Kommission  
Foto: © Colourbox.de / Eduardo

8. September: UNESCO Welttag der Alphabetisierung

08.09.2021

Die Schulschließungen im Rahmen der COVID-19-Pandemie haben an ihrem Höhepunkt mehr als 1,6 Milliarden Lernende betroffen, was einem Schulkind bis November 2020 im Schnitt etwa ein Jahr an Lernzeit gekostet hat. Die UNESCO ruft am heurigen Welttag der Alphabetisierung dazu auf, allen Lernenden das digitale Lernen zu ermöglichen – und niemanden zurückzulassen.

Seit 1967 sensibilisiert der Internationale Tag der Alphabetisierung alljährlich die Öffentlichkeit für die Bedeutung der Alphabetisierung und der Erwachsenenbildung. Dieses Jahr steht der Tag unter dem Motto: „Literacy for a human-centred recovery: Narrowing the digital divide.

Die Pandemie und ihre Auswirkungen haben auch die bereits bestehenden Ungleichheiten beim Zugang zu Alphabetisierungsmöglichkeiten vergrößert – 773 Millionen nicht alphabetisierte Jugendliche und Erwachsene sind davon stark betroffen.[1] In Österreich können knapp eine Million Erwachsene nicht oder nur kaum lesen, so das Ergebnis einer OECD-Studie aus dem Jahr 2013. Mit geringen oder fehlenden Lese- und Schreibkenntnissen sind sie in der Regel anfälliger für Probleme in den Bereichen Gesundheit, Arbeit und im Alltag.

Die rasche Verlagerung zum Fern- bzw. Online-Unterricht hat auch die anhaltende digitale Kluft in Bezug auf Konnektivität, Infrastruktur und die Fähigkeit zur Nutzung der Technologie deutlich gemacht. Fast die Hälfte der Weltbevölkerung (3,7 Milliarden) nutzt das Internet nicht, besonders in den am wenigsten entwickelten Ländern, und ein Stadt-Land- und Geschlechtergefälle bleibt weiterhin bestehen.

In Europa verfügen 43% der Erwachsenen über keine grundlegenden digitalen Fähigkeiten, die für die Teilnahme am digitalen Fernunterricht erforderlich sind.[2] Da der Erwerb digitaler Fertigkeiten mit komplexen kognitiven Prozessen verbunden ist, ist

  • die Sicherstellung eines angemessenen Niveaus an Lese- und Schreibfähigkeiten[3],
  • die Integration digitaler Fähigkeiten in Alphabetisierungsprogramme
  • und die Berücksichtigung der Wechselbeziehung zwischen diesen Fähigkeiten, den eingesetzten Technologien und Lehransätzen sowie der Motivation der Lernenden, ihrer Lebenssituation, ihrem Kontext bzw. ihrer Kultur

erforderlich. Die Pandemie hat verstärkt gezeigt, dass es bei erfolgreichen Implementierungen, strukturell gesehen, einer guten Governance und mutigen Partnerschaften sowie einer weiteren Integration der Alphabetisierung von Jugendlichen und Erwachsenen in die nationalen Strategien und Systeme des lebenslangen Lernens bedarf.

In diesem Sinne appelliert die UNESCO an alle Beteiligten:
"As we celebrate International Literacy Day, UNESCO would like to invite all actors around the world, in the field of education and beyond, to mobilize for the literacy of young people, adults and women. So that they, too, can have the right to dream and be free."
— Audrey Azoulay, UNESCO-Generaldirektorin

Globale Online-Konferenz der UNESCO am Internationalen Tag der Alphabetisierung

Neben zahlreichen Veranstaltungen auf Gemeinde-, Schul- und Länderebene finden am 8. und 9. September 2021 zwei globale Online-Treffen für die ILD2021-Feierlichkeiten und die Verleihung der internationalen UNESCO-Alphabetisierungspreise statt. Unter anderem soll die Schlüsselfrage mit welchen Strategien, Maßnahmen und Interventionen, Alphabetisierung und digitale Fähigkeiten in den Mittelpunkt einer auf den Menschen ausgerichteten Erholung von der COVID-19-Krise gestellt werden können, diskutiert werden.

UNESCO Preisträger*innen 2021 – Alphabetisierungspreise für sechs Initiativen in sechs Ländern

Zweisprachige Geschichten im Rundfunk: Förderung interaktiver Alphabetisierungsprogramme im ländlichen Guatemala – Limitless Horizons Ixil (LHI), Guatemala
LHI ist eine NGO, die sich seit 2004 in Chajul, Guatemala, für die Beseitigung geschlechtsspezifischer Ungleichheiten und die Verbesserung von Bildungsergebnissen einsetzt. Ziel des Programms ist die Förderung der Alphabetisierung durch Fernunterricht für Maya-Ixil-Jugendliche, die aufgrund der COVID-19-Pandemie Gefahr laufen, die Schule abzubrechen. Die Organisation entwickelt Bildungssendungen, die Kindern und Jugendlichen der Maya Ixil integrative digitale Programme zur Alphabetisierung bieten. Das Programm nutzt zugängliche Technologien wie Radio und Fernsehen und bietet Bücherverleih und akademische Unterstützung in einer Gemeindebibliothek.

Bildung von Menschen mit Behinderungen durch technologiegestütztes integratives Lernmaterial, mit besonderem Schwerpunkt auf Inhalte in indischer Gebärdensprache – National Institute of Open Schooling (NIOS), Indien
NIOS ist eine autonome Organisation, die dem indischen Bildungsministerium untersteht und allen Menschen eine qualitativ hochwertige Bildung durch offenen Unterricht und Fernunterricht bietet. Es ist eines der größten offenen Schulprogramme der Welt. Seit seiner Gründung im Jahr 2016 konzentriert sich das Programm auf die Bildungsbedürfnisse von Menschen mit Behinderungen und anderen Minderheitengruppen. NIOS nutzt digitale Hilfsmittel und lokale Sprachen, um Menschen mit Behinderungen zu unterstützen, und bietet den Lernenden Inhalte in indischer Gebärdensprache an.

Nutzung digitaler Technologien zur Förderung der Kinderliteratur in den einheimischen Sprachen Südafrikas – Puku Children's Literature Foundation, Südafrika
Puku ist eine NGO, die 2009 mit dem Ziel gegründet wurde, das Lesen und die Entwicklung von Büchern zu fördern, damit alle Kinder, insbesondere diejenigen, die in den wirtschaftlich am stärksten benachteiligten Gebieten leben, Zugang zu Büchern in allen südafrikanischen Sprachen haben. Das Programm führt Workshops und Social-Media-Aktivitäten durch, um Geschichtenerzähler*innen, Schriftsteller*innen, Lehrer*innen, Bibliothekare*innen, Sprachpraktiker*innen, Kultur- und Literaturaktivist*innen und Akademiker*innen in einheimischen Sprachgemeinschaften auszubilden und sie in die Lage zu versetzen, Kinder zu unterrichten.

Programm zur Unterstützung der Erwachsenenbildung – Construyendo y Creciendo, Mexiko
Die 2006 gegründete gemeinnützige Organisation bietet Menschen mit geringen oder fehlenden Lese- und Schreibkenntnissen, insbesondere Bauarbeiter*innen und ihren Gemeinden, eine zweite Chance auf eine hochwertige, offiziell anerkannte und umfassende Ausbildung. Ziel der Organisation ist es, die Alphabetisierung, einschließlich der funktionalen Alphabetisierung, zu fördern und die Erwachsenenbildung zu unterstützen. Das Programm „Building & Growing“ konzentriert sich auf die Bereitstellung von digitaler und integrativer Alphabetisierung auf Baustellen sowie in mobilen und Fernunterrichtsräumen und bringt die Lernumgebung zu den Lernenden.

Organisation von Online-Alphabetisierungskursen für ländliche Gebiete in Ägypten – Ain-Shams-Universität, Ägypten
Die Abteilung für Gesellschaftsdienst und Umweltentwicklung der Ain-Shams-Universität, kümmert sich um die Entwicklung von Gemeinden in armen, marginalisierten und bedürftigen Dörfern und Siedlungen. Das Projekt setzt digitale Technologie in der Alphabetisierung ein, um Lernende in ländlichen Gebieten Ägyptens zu unterstützen, und beteiligt sich am Nationalen Alphabetisierungsprojekt. Es bietet Bildungs-, Wirtschafts- und Sozialdienste an und nutzt Anreize und Schulungsprogramme, um Universitätsstudent*innen zu ermutigen, sich dem Projekt als Alphabetisierungslehrer*in anzuschließen.

Funktionale Alphabetisierung von Verkäuferinnen in Abidjan durch den Einsatz von von Informations- und Kommunikationstechnologie – Verein der Alphabetisierungslehrer*innen, die Informations- und Kommunikationstechnologie nutzen (GA-TIC), Elfenbeinküste
Die 2017 gegründete NGO ist auf den Aufbau funktionaler Alphabetisierung durch digitale Technologie für Verkäuferinnen in Côte d'Ivoire spezialisiert. Ziel des Programms ist es, die Begünstigten, die zu 95% Frauen sind, zu stärken und ihnen dabei zu helfen, ihre Lese-, Schreib- und Rechenkenntnisse zu verbessern, damit sie ihre einkommensschaffenden Tätigkeiten besser ausführen können. Der Unterricht wurde inhaltlich und zeitlich an die individuellen Bedürfnisse angepasst, indem eine hybride Lernform gewählt wurde.


[1] http://uis.unesco.org/en/topic/literacy?page=1
[2] https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/library/digital-skills-all-europeans-brochure
[3] Die Ergebnisse des OECD-Programms zur internationalen Schülerbewertung (PISA) von 2018 zeigen, dass Jugendliche mit geringen Grundkenntnissen Schwierigkeiten haben, digitale Informationen in verschiedenen Präsentationsformaten zu verarbeiten.

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