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Wissenschaft

Wissenschaft im Rahmen der globalen Nachhaltigkeitsziele  
Foto: © Colourbox.de

Welttag der Wissenschaft für Frieden und Entwicklung am 10. November betont Bedeutung der Grundlagenforschung

Seit mehr als zwanzig Jahren begeht die UNESCO am 10. November den "World Science Day for Peace and Development”, um auf den Beitrag von Wissenschaft und Forschung zu innovativen Lösungen für drängende globale Herausforderungen aufmerksam zu machen. Anlässlich des im Juli 2022 ausgerufenen UNESCO-Jahres der "Basic Sciences for Sustainable Development" stehen die Grundlagenforschung und ihre Bedeutung für nachhaltige Entwicklung nun auch im Fokus des Welttags.

Der Grundstein für nachhaltige Gesellschaften von morgen

Am 10. November 2022 wird der Welttag der Wissenschaft für Frieden und Entwicklung zum Thema “Basic Sciences for Sustainable Development” begangen und knüpft somit an das Internationale Jahr gleichen Namens an. Das Internationale Jahr der Grundlagenwissenschaften für nachhaltige Entwicklung trägt seit Juli 2022 der Tatsache Rechnung, dass die Grundlagenforschung von entscheidender Bedeutung ist, um nachhaltige Entwicklung zu erreichen und Lebensstandards weltweit zu heben. Die Grundlagenforschung setzt entscheidende Impulse für Fortschritte, etwa in der Medizin, der Industrie, der Landwirtschaft, der Wasserwirtschaft, der Energieplanung, der Umwelt, der Kommunikation und der Kultur. Supercomputer, Solarzellen, elektrische Fahrzeuge oder Smartphones wären ohne Grundlagenforschung nicht denkbar. Ein ganz konkreter Beitrag der Grundlagenforschung zur Agenda 2030 und ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung liegt beispielsweise in der Forschung zu Diabetes, an der weltweit über 400 Millionen Menschen leiden. Dank Laborstudien über die Art und Weise, wie Gene manipuliert werden können, um bestimmte Proteinmoleküle herzustellen, sind Wissenschafter*innen mittlerweile in der Lage, ein Bakterium genetisch so zu verändern, dass es synthetisches Humaninsulin produziert. Das UNESCO-Toolkit „Mathematics for Action: Supporting Science-Based Decision-Making“ (2021) erinnert daran, dass mathematische Methoden während der Covid-19-Pandemie eingesetzt wurden, um unter anderem die Entwicklung von Impfstoffen effizienter zu gestalten.

Angesichts multipler Krisen betont UNESCO-Generaldirektorin Audrey Azoulay die zentrale Rolle der Grundlagenforschung für die Lösung globaler Herausforderungen:

At a time when humanity must invent new ways of producing, travelling and heating, we know we need the basic sciences and the potential they possess. More than ever, we must allow the basic sciences to expand in all directions in order to explore, investigate and experiment. For this capacity to imagine, innovate and discover will determine whether we are able to rise to the major challenges of our time.

Audrey Azoulay, UNESCO-Generaldirektorin

Der Welttag der Wissenschaft für Frieden und Entwicklung bietet auch Anlass, die Frage nach einer stärkeren Förderung der Grundlagenforschung zu stellen. Der Anteil der Forschungsausgaben, der auf die Grundlagenwissenschaften entfällt, unterscheidet sich teils deutlich von Staat zu Staat. Laut dem UNESCO-Wissenschaftsbericht (2021) fließen in einigen der 86 untersuchten Staaten weniger als 10 Prozent der Forschungsausgaben in die Grundlagenwissenschaften, während in anderen Staaten mehr als 30 Prozent investiert werden. In Österreich lag dieser Anteil zuletzt bei etwa 18 Prozent. Für 2024 bis 2026 sollen die gesamten Mittel im Rahmen des Forschungs-, Technologie- und Innovationspakts um 34 Prozent auf insgesamt 2,6 Milliarden Euro steigen. Die zentrale Förderinstitution für Grundlagenforschung in Österreich, der Wissenschaftsfonds FWF, wird ebenfalls aus diesem Topf finanziert.

Neugier und Zweckfreiheit als Treiber der Forschung

Die Grundlagenforschung wird von Neugier und dem Streben nach Wissen getrieben. Sie ist nicht an der konkreten Anwendung orientiert, sondern bringt vielmehr Basiswissen für weitergehende Forschung hervor. Durch diesen Ansatz hat sie zu zahlreichen Durchbrüchen geführt und nicht nur neue Technologien, sondern sogar völlig neue Wissenschaftsbereiche hervorgebracht, beispielsweise die Genomik, die sich mit der Erfassung und Analyse aller DNA-Sequenzen eines Genoms beschäftigt. In Österreich erhielt der Quantenphysiker Anton Zeilinger vor kurzem den Physiknobelpreis. Die Ergebnisse seiner Forschung unterstreichen nochmals die Bedeutung von wissenschaftlicher Freiheit für bahnbrechende Erkenntnisse. Zeilinger selbst hob hervor, seine Durchbrüche auf dem Gebiet der quantenphysikalischen Verschränkung seien nur möglich gewesen, weil er uneingeschränkt seiner Neugier nachgehen konnte, ohne etwas bezwecken oder erreichen zu wollen.

Grundlagenforschung und gesellschaftlicher Wandel

Inwiefern Grundlagenforschung in der Vergangenheit weitreichende gesellschaftliche Transformationsprozesse anstieß, illustrieren die Entwicklung des Radios und die Entdeckung der DNA-Doppelhelix. Das erste marktfähige Transistorradio in den frühen 1950er Jahren war das Ergebnis von fast 50 Jahren Grundlagenforschung. Heute werden immer kleinere mechanische, elektronische und optische Geräte entwickelt. Smartphones nutzen mittlerweile Millionen winziger Transistoren, um komplexe Prozesse auszuführen. Die Entdeckung der Doppelhelixstruktur der DNA im Jahr 1953 legte den Grundstein für die moderne Genetik und Genomik. Dieser Entdeckung folgte im Jahr 2003 ein weiterer Durchbruch, die Sequenzierung des menschlichen Genoms. Diese Entdeckung trug dazu bei, die Behandlung genetisch bedingter Krankheiten zu verbessern und brachte den Bereich der Präzisionsmedizin hervor, bei der die medizinische Behandlung auf die individuellen Merkmale des Patienten zugeschnitten wird.

Veranstaltung der UNESCO zum Welttag

Am 10. November lud die UNESCO zu einer Onlineveranstaltung anlässlich des Welttags, um aktuelle Grundlagenforschung greifbarer zu machen. Renommierte Wissenschafter:innen präsentierten aktuelle Forschungsprojekte und diskutierten mit weiteren Teilnehmer:innen zu den Themen „Förderung nachhaltiger Entwicklung auf molekularer Ebene“ und „Modellierung zum Verständnis komplexer Phänomene im Kontext nachhaltiger Entwicklung“. So vermittelte etwa die Neurowissenschafterin Prof. Hailan Hu ihre Erkenntnisse zum Zusammenhang von gesellschaftlicher Hierarchie und Depression und Dr. ThankGod Ebenezer stellte das African BioGenome Project vor, eine Initiative zum Aufbau von Kapazitäten und Infrastruktur zur Nutzung von Genomdaten für die Hebung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt und der Landwirtschaft in ganz Afrika.

Im Rahmen der Veranstaltung betonten die Sprecher:innen die Bedeutung einer offenen Wissenschaft – ganz in Übereinstimmung mit der „UNESCO Recommendation on Open Science“ (2021). Ebenso wurde die wichtige Rolle von Bildung und Vermittlung hervorgehoben, um die nächste Generation für Wissenschaft und Forschung zu begeistern. Eine nach wie vor große Herausforderung ist der geringe Anteil von Frauen in der Wissenschaft, der laut UNESCO-Statistik weltweit bei lediglich 33 Prozent liegt. Die 1998 ins Leben gerufene UNESCO-Inititative „For Women in Science“ hat zum Ziel, international führende Forscherinnen zu würdigen und junge Forscherinnen mit Stipendien zu unterstützen. Um wissenschaftliche Karrieren junger Frauen an heimischen Universitäten und Forschungseinrichtungen zu fördern, vergibt die Österreichische UNESCO-Kommission in Kooperation mit L’Oréal Österreich seit 2007 jährlich vier Stipendien an begabte Grundlagenforscherinnen aus den Bereichen Medizin, Naturwissenschaften oder Mathematik.

Hintergrund des Welttages

Der Welttag geht auf die Weltwissenschaftskonferenz in Budapest im Jahr 1999 zurück. Er wurde 2001 erstmals ausgerufen, um jährlich auf die Zielsetzung der Declaration on Science and the Use of Scientific Knowledge sowie des Science Agenda-Framework for Action hinzuweisen. Seither wurden weltweit zahlreiche konkrete Projekte, Programme und Finanzierungen ermöglicht. So konnten mit der Unterstützung der UNESCO Kooperationen zwischen Wissenschafter*innen umgesetzt werden, die in miteinander in Konflikt stehenden Gebieten tätig sind. Ein Beispiel dafür ist die Israeli-Palestinian Science Organization (IPSO). Der Welttag soll zur Bewusstseinsbildung beitragen, zu Diskussionen anregen und der Öffentlichkeit zeigen, welchen wichtigen Einfluss Wissenschaft und Forschung auf das eigene Leben haben. Er soll die internationale Solidarität im Sinne der Open Science stärken, auf aktuelle Herausforderungen hinweisen und das Bekenntnis von Staaten für Wissenschaft und Forschung im Sinne der nachhaltigen Entwicklung und des Friedens stärken.

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© National Cancer Institute_Unsplash