Veranstaltung: Journalismus in Zeiten von Vertrauens- und AufmerksamkeitsverlustDie Rolle von Künstlicher Intelligenz
- Mittwoch, 11. Dezember 2024
- 17:30-19:00
Der Digital News Report 2024 des Reuters Institute zeigt es deutlich: Vertrauensdefizite, Aufmerksamkeitsverlust und „Nachrichtenmüdigkeit“ sind globale Trends. Knapp vier von zehn Menschen weltweit geben an, Nachrichten manchmal oder häufig aktiv zu meiden. Die Gründe dafür sind vielfältig und nicht abschließend zu identifizieren.
In Österreich ist das allgemeine Vertrauen in die Medien in den letzten zehn Jahren von ca. 48% auf 35% gesunken und auch für Deutschland lässt sich laut eines Arbeitspapiers des Hans-Bredow-Instituts (2024) eine rückläufige Tendenz des Nachrichtenvertrauens beobachten. Doch nicht nur das Vertrauen, auch das Interesse an Nachrichtenkonsum nimmt ab. So stellt das Jahrbuch Qualität der Medien (2023) für die Schweiz fest, dass der Anteil der „News-Deprivierten“ mit fast 43% einen neuen Höchststand verzeichnet. Global lässt sich der Rückgang des Interesses an Nachrichten(-formaten) besonders stark unter Frauen und jungen Menschen beobachten.
Die Gründe für diese Befunde sind vielfältig. Unter anderem sind Soziale Medien für einen großen Teil der Nutzer*innen zur primären Informationsquelle geworden; doch viele dieser Plattformen de-priorisieren faktenbasierte Beiträge und fördern stattdessen die Sichtbarkeit von Unterhaltungsformaten, unter anderem durch den Einsatz von (KI-basierten) Empfehlungssystemen. In Zukunft könnten KI-gestützte Suchfunktionen und Chatbots das Auffinden vertrauenswürdiger Nachrichten weiter erschweren. Auch in Hinblick auf Desinformationskampagnen und Falschinformationen stellen KI-Tools Gesellschaften vor große Herausforderungen. So lassen sich Falschinformationen, Bilder und Videos mittels generativer KI leichter fabrizieren und schneller verbreiten als je zuvor – bei zunehmender Schwierigkeit, diese als solche zu identifizieren.
In der Veranstaltung werden mögliche Ursachen von Vertrauensdefiziten gegenüber journalistischen Beiträgen beleuchtet und Gründe für abnehmendes Interesse an
Nachrichtenformaten erörtert. Im Fokus steht hierbei die Rolle von KI-Technologien. Während die Risiken des zunehmenden KI-Einsatzes, etwa in Zusammenhang mit den KI-basierten Empfehlungsalgorithmen großer Online-Plattformen und der ihnen häufig eingeschriebenen Nachrichten-De-Priorisierung, mittlerweile regelmäßig diskutiert werden, steht der (potentielle) Nutzen von KI-Systemen noch wenig im Fokus.
Ausgehend von einer Keynote von Alexandra Borchardt diskutieren wir in der Veranstaltung folgende Fragen:
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Kann der Einsatz von KI auch dazu beitragen, Vertrauen in faktenbasierten Journalismus wiederherzustellen und zu fördern?
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Lässt sich mit KI dem abnehmenden Interesse an Nachrichtenformaten entgegenwirken?
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Welche Chancen bieten KI-Technologien Medienhäusern und Journalist*innen, um breitere Bevölkerungsschichten zu erreichen und die Bedürfnisse der Medienkonsument*innen besser zu erfüllen?
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Welche Rolle kommt in diesem Zusammenhang Journalist*innen und Medienhäusern, aber auch der Politik und anderen Stakeholdern zu, zum Beispiel großen Onlineplattformen?
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Und inwiefern können spezifische Empfehlungen und Guidelines der UNESCO Orientierung bieten?
Auf dem Podium:
- Ramona Arzberger (Journalistin; Dossier; andererseits)
- Matthias C. Kettemann (Rechtswissenschaftler; Universität Innsbruck)
- Theresa Körner (Kommunikationswissenschaftlerin, Beraterin und Dozentin)
- Philip Meyer (Mitglied der Abteilungsleitung Audio/Digital; Schweizer Radio und Fernsehen)
Moderation: Julia Herrnböck (Dossier)
Teilen Sie die Einladung zur Veranstaltung gerne mit interessierten Kolleg*innen!
Eckdaten & Anmeldung
Was? Veranstaltung „Journalismus in Zeiten von Vertrauens- und Aufmerksamkeitsverlust - Die Rolle von KI“
Wann? Mittwoch, 11. Dezember 2024 | 17.30-19.00 Uhr | anschließend Get-Together
Wo? Presseclub Concordia | Bankgasse 8 | 1010 Wien & online
Die Teilnahme ist kostenlos.
Sie können sich ab sofort unter folgendem Link für die Veranstaltung anmelden: ANMELDUNG
Bei Fragen wenden Sie sich gerne an: oeuk@unesco.at
Benötigen Sie Unterstützung für Ihre Teilnahme (z.B. einen Rollstuhlplatz)? Kontaktieren Sie uns bitte ebenfalls unter oeuk@unesco.at.
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Über die Sprecher*innen
Keynote: Alexandra Borchardt
Alexandra Borchardt ist Journalistin, Wissenschaftlerin, Hochschullehrerin und unabhängige Beraterin. Alexandra lehrt Führung und Strategie als Honorarprofessorin für Leadership und Digitale Transformation an der TUM School of Management der TU München und ist dem Reuters Institute for the Study of Journalismus an der University of Oxford als Senior Research Associate verbunden. Zuvor war sie geschäftsführende Redakteurin der Süddeutschen Zeitung (SZ). Sie ist die Hauptautorin der drei jüngsten EBU News Reports, zuletzt: „Trusted Journalism in the Age of Generative AI“ (2024) und „Climate Journalism that Works“ (2023).
Ramona Arzberger
Ramona Arzberger ist Journalistin und Audience Redakteurin bei der Investigativplattform „DOSSIER" und beim inklusiven Magazin „andererseits“. Sie übersetzt (investigative) Recherchen in digitale Formate und versucht, wichtige gesellschaftliche Themen möglichst niederschwellig zugänglich zu machen. Ihr Fokus liegt auf inklusivem Journalismus, verständlicher Sprache und innovativem, journalistischen Content für Social Media. Arzberger studiert aktuell Internationale Entwicklung an der Universität Wien.
Matthias C. Kettemann
Matthias C. Kettemann ist Professor für Innovation, Theorie und Philosophie des Rechts, Leiter des Instituts für Theorie und Zukunft des Rechts der Universität Innsbruck sowie der Forschungsgruppe „Globaler Konstitutionalismus und das Internet“ am Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft, Berlin. Er ist Forschungsprogrammleiter am Leibniz-Institut für Medienforschung, Hans-Bredow-Institut (HBI), Hamburg, Mitglied der Wissenschaftsethikkommission der UNESCO sowie stv. Vorsitzender des KI-Fachbeirats der Österr. UNESCO-Kommission.
Theresa Körner
Dr.in Theresa Körner ist Kommunikationswissenschaftlerin und seit 2018 als Beraterin und Dozentin für Social Media und KI-Anwendungen tätig. Sie hat zu Vertrauen deutscher Leser*innen in automatisierten Journalismus 2023 an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg promoviert und hält Lehraufträge an mehreren Hochschulen. Sie ist Teil des Entwicklungsteams der ersten KI-Kolumnist*in ‚Anic T. Wae‘ der taz und hält zu generativer KI im Journalismus Workshops und Vorträge.
Philip Meyer
Philip Meyer arbeitet seit 2008 bei Schweizer Radio und Fernsehen SRF. Er ist verantwortlich für Transformation und digitale Projekte in der Abteilungsleitung Audio / Digital. In dieser Kapazität ist er auch Teil der Fachgruppe KI-Ethik bei SRF. Nebenbei ist Meyer weiterhin als Redakteur in der SRF Wirtschaftsredaktion tätig.
Moderation: Julia Herrnböck
Julia Herrnböck ist Redakteurin bei der gemeinnützigen Redaktion DOSSIER für investigativen und Datenjournalismus. Zuvor war sie u.a. für die Salzburger Nachrichten, Der Standard und NZZ.at tätig und zehn Jahre lang Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen Österreich.
Die Veranstaltung „Journalismus in Zeiten von Vertrauens- und Aufmerksamkeitsverlust – welche Rolle spielt KI?“ ist eine Kooperation der UNESCO-Kommissionen Österreichs, Deutschlands und der Schweiz sowie dem Presseclub Concordia. Sie ist Teil der Reihe „(Qualitäts-)Journalismus und Künstliche Intelligenz“ der Österreichischen UNESCO-Kommission und wird vom Bundeskanzleramt der Republik Österreich sowie vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung finanziert.