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Querschnittsthemen

 

Blog 03 - Was wir aus der Covid-19-Pandemie lernen können

Wie verändert die Corona-Pandemie unsere Gesellschaft? Wie wirkt sich die Krise auf den Klimaschutz, die Bildungsgerechtigkeit, die Gleichstellung der Geschlechter und Menschen- und Bürger*innenrechte aus? Ines Erker, Jugenddelegierte der Österreichischen UNESCO-Kommission, hat sich darüber ihre Gedanken gemacht.

Was wir aus der Covid-19-Pandemie lernen können

Dass von einem absehbaren Ende der gegenwärtigen Pandemie noch nicht die Rede sein kann, dürfte die aufmerksame Beobachter*in nicht verwundern. Wenngleich die Infektionszahlen auf österreichischem Boden vergleichsweise stabil ausfallen, sind alleine in den USA über fünf Millionen Menschen von einer Ansteckung betroffen. Dabei werden nicht nur in Übersee Stimmen laut, die eine bessere Reaktion vonseiten der Politik einfordern. Überhaupt ist häufig die Frage zu hören, was sich denn von den herausfordernden letzten Monaten lernen ließe. Feststeht: Nach der Corona-Krise könnte vieles anders sein als zuvor. Und das ist durchaus erstrebenswert.

Weniger fliegen, Klimawandel besiegen?

Zumindest die Natur erfährt einen Erholungsschub, lautet eine zweckoptimistische Vermutung häufig. Zum einen lassen sich tatsächlich Entwicklungen beobachten, die hoffnungsvoll stimmen: Der CO2-Ausstoß durch Verbrennungsmotoren und Kraftwerke sei  drastisch gesunken und die Überfischung der Meere ebenso zurückgegangen. Das veranschaulicht jedoch die Schwächen der Annahme, die Pandemie rette unsere Umwelt: Derartige Effekte sind schwer messbar, gleichzeitig aber auch als kurzfristig einzustufen – schließlich befindet sich die globale Wirtschaft in einer Rezession, deren baldiges Ende entscheidend für die Lebensgrundlage vieler ist. Das veranschaulicht die Bedeutung nachhaltigen Umweltschutzes, der mit einem Wandel unseres Wirtschafts- und Gesellschaftssystems einhergeht. Eine Forderung, für die sich Fridays for Future seit Prä-Pandemie-Zeiten stark macht!

Rechte statt Applaus

Aktuelle Forderungen beschränken sich jedoch nicht auf den Umweltschutz. Insbesondere Krankenpfleger*innen und Kassierer*innen haben ein ungewohntes Ausmaß an Wertschätzung erfahren. Als sogenannte Systemerhalter*innen sorgt ihre Arbeit dafür, dass die Allgemeinheit ihrem alltäglichen Leben weitgehend ungestört nachgehen kann. Wie kurzlebig diese Dankbarkeit allerdings ist, zeigt sich, wenn Applaus stärker gewichtet wird als eine bessere Entlohnung. Hinzu kommt der hohe Frauen*anteil in diesen Berufen, aber auch in der unbezahlten Arbeit zuhause. Anstatt Frauen* in ihrem Kampf für Gleichberechtigung weit zurückzuwerfen, macht Covid-19 sichtbar, dass eben diese Gleichstellung in vielen Lebensbereichen noch gar nicht erreicht wurde. Daher gilt heute mehr denn je: Girls just wanna have fun(damental rights)!

Schulunterricht für alle

Ungleichheit besteht auch in unserem Bildungssystem nach wie vor. Auffällig wird das, wenn das Verfolgen des Schulunterrichts oder die Ablegung einer Uni-Prüfung mehr als ein technisches Gerät mit hochauflösender Kamera und einwandfrei funktionierendes WLan erfordern. Wer sich ein Zimmer mit Geschwistern zu teilen hat, kämpft darüber hinaus auch noch mit Konzentration oder Aufsichtspflichten. Mit ausreichend Platz und guter Ausstattung lernt es sich zweifellos einfacher. Dabei darf es nicht sein, dass alle anderen abgehängt werden. Gerade ein Land wie Österreich, in dem Bildung weiterhin stark vererbt wird, muss sich mit dem Themen Inklusion und Gleichheit auseinandersetzen – denn der eigene Lebensweg sollte nicht von der Geldbörse der Eltern abhängen.

Demokratie ausbauen, nicht einfahren

Menschen- und Bürger*innenrechte sind vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie kontrovers diskutiert worden. Das gilt einerseits für Versammlungsrecht und Ausgangsbeschränkungen hierzulande. Aber auch der Blick ins Ausland wirft Fragen auf: Ersteres ist in Ungarn bereits seit 2018 drastisch eingeschränkt. Die Pandemiezeit nutzte der dortige Präsident Victor Orbán, um eine international stark umstrittene Regierungsvollmacht durchzusetzen. Diese wurde mittlerweile zwar zurückgenommen, 100 Erlässe wurden allerdings schon verabschiedet: Sie betreffen die freie Meinungsäußerung, beschneiden die Rechte von Arbeitnehmer*innen und hebeln den Datenschutz aus. Die EU denkt aufgrund dessen darüber nach, die Ausbezahlung von Geldern aus dem Corona-Hilfsfonds an die Einhaltung bestimmter Rechte zu knüpfen – ein wichtiger Schritt.

Es zeigt sich, dass die aktuelle Pandemie doch zumindest eine potenziell positive Entwicklung bezweckt: Sie zeigt Grenzen und Schwächen unserer Gesellschaft auf, an denen wir lieber heute als morgen arbeiten sollten.  Damit sich die im Zuge der vergangenen Monate gesammelte Erkenntnis nicht nur auf neue Tools für Videokonferenzen beschränkt.

Ines Erker (23) ist Studentin der Politikwissenschaft und Volkswirtschaft in Wien. In ihrer Freizeit unternimmt sie abenteuerliche Reisen in den Iran, die Mongolei oder nach Panama. Auf etliche Jahre gesellschaftspolitischen Engagements folgte die Funktion als Frauen*sprecherin einer großen Jugendorganisation. Seit April  2019 unterstützt sie die Österreichische UNESCO-Kommission als „Youth Representative“ bei Themen mit jugendrelevantem Bezug, wobei ihr die Vermittlung der Sustainable Development Goals ein Herzensanliegen ist. Mit Jänner 2020 wurde Erker außerdem zur  Vorsitzenden des Jugendfachbeirates gewählt.

Ines Erker, seit April 2019 Jugenddelegierte der Österreichischen UNESCO-Kommission
© Marco Feilbach
Annual World Cultural Heritage Youth Symposium in Athen und Olympia, April 2019
© ÖUK