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Presse

der Österreichischen UNESCO-Kommission  
Foto: © Colourbox.de / Eduardo

Immaterielles Kulturerbe - 11 Neuzugänge im Österreichischen Verzeichnis

04.11.2021

Entscheidung bei der Tagung des Fachbeirates für das Immaterielle Kulturerbe: 11 Elemente wurden neu in das Nationale Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen. Damit sind nun 147 Traditionen im österreichischen Verzeichnis gelistet.

Unter dem Begriff ‚Immaterielles Kulturerbe’ werden weltweit seit 2003 vielfältige gelebte Traditionen im Rahmen des „UNESCO-Übereinkommens zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes“ dokumentiert und geschützt. Ob darstellende Künste, Bräuche, Feste, Naturwissen oder Handwerkstechniken – alle Formen des immateriellen Kulturerbes sind immer von menschlichem Wissen und Können getragen. Die Sichtbarmachung dieser Vielfalt kultureller Praktiken fördert ein neues Verständnis für regionale Besonderheiten und leistet einen wertvollen Beitrag zu deren Erhaltung.

Seit 2010 führt die Österreichische UNESCO-Kommission das Nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich. Mit 4. November 2021 wurde das Verzeichnis um elf Elemente kultureller Ausdrucksformen und lebendiger Traditionen erweitert. Ein Fachbeirat der Österreichischen UNESCO-Kommission entscheidet jährlich über Neuaufnahmen. Das österreichische Verzeichnis zählt mittlerweile 147 Eintragungen.

Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer begrüßt das Engagement so vieler Menschen für „ihre“ Traditionen: „Die aktuelle Aufnahmerunde in das nationale Verzeichnis hat erneut die tiefe Verwurzelung des immateriellen Kulturerbes in der Lebensrealität der Menschen gezeigt, etwa im Jahreskreis, im überlieferten beruflichen Wissen oder bei Festveranstaltungen. Die Bräuche und Traditionen stellen ein wesentliches identitätsstiftendes und verbindendes Element innerhalb der Gesellschaft dar. Ich freue mich über die Aufnahme der 11 Traditionen in das österreichische Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes und danke allen, die daran erfolgreich mitgewirkt haben.“

Die Besonderheit der Konvention wird auch von Sabine Haag, Präsidentin der Österreichischen UNESCO Kommission hervorgehoben: „Das stetige Wachsen des Österreichischen Verzeichnisses verdeutlicht die Bedeutung, die dem Immateriellen Kulturerbes in Österreich, nicht nur durch die Träger*innen der gelisteten Traditionsformen, beigemessen wird. Ich freue mich über die 11 Neuaufnahmen, die nun das Österreichische Verzeichnis bereichern und dessen Vielfalt nur noch deutlicher machen.“

Die 11 Neuaufnahmen in das Österreichische Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes per 4. November 2021

Bereich: Darstellende Künste
  • Traismaurer Krippenspiel (Niederösterreich). Das Traismaurer Krippenspiel ist eines der letzten Stabpuppenspiele in Österreich. Bis zu 30 Personen sind an der Aufführung beteiligt und mit zahlreichen hölzernen Figuren werden neben klassischen Bibeldarstellungen auch tradierte Liebeslieder, sozialkritische Gesänge und Zunftlieder präsentiert.
  • Südböhmische Blasmusik in Brand-Nagelberg (Niederösterreich). Die Südböhmische Blasmusik in Brand-Nagelberg ist eine Musiktradition, die sich durch den engen musikalischen Austausch mit tschechischen Musiker*innen bildet. Diese grenzüberschreitende, bis heute anhaltende Zusammenarbeit führte auch zur Entstehung einer eigenen Spielweise und trug zur Verbreitung des bis heute weit verwendeten Liedgutes wie der bekannten „Südböhmischen Polka“ bei.
Bereich: Gesellschaftliche Praktiken, Rituale und Feste
  • Gautschen (Österreichweit). Am Ende der Lehrzeit einer Druckerin/eines Druckers findet die Gautschfeier statt, deren Höhepunkt die Wassertaufe ist. Die Lehrlinge werden dabei gepackt und in einen Wasserbottich getaucht, um sie von ihren „Sünden“ der Lehrzeit reinzuwaschen. Anschließend erfolgt der Freispruch und damit die Aufnahme in den Stand der Gesell*innen.
  • Krippenbrauch in Österreich (Österreichweit). Der Krippenbrauch hat sich als österreichweites Phänomen im Laufe der Jahrhunderte über das gesamte Land verbreitet. Sowohl im privaten als auch öffentlichen Raum sind heute Krippen zu finden. Der Krippenbrauch umfasst die Aufstellung und den Besuch der Krippen, den Krippenbau und die Krippenpflege sowie die Förderung der Krippenforschung.
Bereich: Wissen und Praktiken in Bezug auf die Natur und das Universum
  • Alpinistisches Wissen und Können der Berg- & Schiführer*innen (Österreichweit). Das Berg- und Schiführer*innenwesen ist mit der Entwicklung des modernen Alpinismus untrennbar verbunden. Mit der Erschließung der österreichischen Alpen bedurfte es Personen, welche sicher durch das Gelände führen können. Dafür sind profunde Kenntnisse über die Landschaft, Wetter oder Verwendung technischer Hilfsmittel notwendig.
Bereich: Traditionelle Handwerkstechniken
  • Frack-Maßschneiderei (Österreichweit). Die Frack-Maßschneiderei blickt in Europa auf eine 300-jährige Geschichte zurück. Die Herstellung eines Fracks erfordert viel Wissen des/der Schneidermeister*in und bis zur Fertigstellung sind rund 100 Stunden meisterliche Handarbeit und Geschick notwendig. Der Maß-Frack hat sich als festlichster Abendanzug etabliert und schafft bei Tragenden ein Gefühl der Gemeinschaft.
  • Garnierspenzer, Hut und Steppmieder (Salzburg). Der Garnierspenzer und die Steppmiedertracht, gehören seit ca. 1850 zu den Festtrachten der Salzburger Gebirgsgauen (Pinzgau, Pongau und Lungau). Sie weist sich durch die aufwendige Gestaltung der Oberteile, die Anbringung aufwendiger Blumen aus Seide auf dem Spenzer und die Reliefstepperei auf dem Mieder aus. Das umfangreiche Wissen um die Herstellung wird vorwiegend informell über Generationen weitergegeben.
  • Historische und dekorative Malerhandwerkstechniken mit traditionellen Materialien (Österreichweit). Die Geschichte der historischen und dekorativen Malerhandwerkstechniken mit traditionellen Materialien reicht zurück bis in die Zeit der Höhlenmalerei. Herstellung und Verwendung der Materialien, Werkstoffe und Werkzeuge für Kalk-, Schablonier- und Sgraffitotechniken sowie die entsprechende Findung der Farbgebung und Formensprache, verlangt eine intensive Ausbildung und in hohem Maße handwerkliches Können.
  • Herstellung der Bregenzerwälder Juppen und das Tragen der Frauentracht (Vorarlberg). Mit „Juppe" wird im Bregenzerwald eine für die Region typische traditionelle Frauentracht bezeichnet, die in mehreren Varianten getragen wird. Ihr Kernstück ist ein gefälteltes, ristlang gearbeitetes Kurzmiederkleid, dessen Rock einen rechteckigen Grundschnitt aufweist und mitunter aus regional erzeugtem Glanzleinen besteht. Zudem zeichnet sie sich die Tracht durch ihre wertvolle Ausstattung aus. Alle Teile werden von heimischen Handwerker*innen in kleinen Werkstätten angefertigt.
  • Manueller Bilddruck (Österreichweit). Der Manuelle Bilddruck umfasst die Drucktechniken des Hochdrucks, Tiefdrucks, Flachdrucks, Durchdrucks und deren Mischformen. Die Entwicklung dieser Techniken begann im ausgehenden Mittelalter mit der Verbreitung von Vervielfältigungsmöglichkeiten (Druck) von Bildmedien. Heute kommen diese Techniken vor allem bei künstlerischen Arbeiten zum Einsatz.
  • Das Wissen der Handwerksmüller*innen (Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg). Handwerksmüller*innen verfügen über viel Erfahrung sowie technisches Wissen, um verschiedene Getreidesorten zu Mehl, grobem Schrot, Vollkornmahlerzeugnissen oder Ölen zu verarbeiten. Das Arbeiten mit traditionellen Müllereimaschinen zur Herstellung von Mühlenprodukten, wie das Mahlen mit Mühlsteinen, ist heute nur noch in einigen Handwerksmühlen zu finden.

Alle elf Neueintragungen inklusive weiterführender Informationen sowie Bilder finden Sie online im Österreichischen Verzeichnis.

Das Österreichische Verzeichnis umfasst nun aktuell 147 Eintragungen:
11 aus dem Bereich "mündliche überlieferte Ausdrucksformen", einschließlich der Sprache als Trägerin des Immateriellen Kulturerbes"
26 aus dem Bereich "Darstellende Künste"
57 aus dem Bereich "Gesellschaftliche Praktiken, Rituale und Feste"
16 aus dem Bereich "Wissen und Praktiken im Umgang mit der Natur und dem Universum"
37 aus dem Bereich "Traditionelle Handwerkstechniken".

Link zum gesamten Österreichischen Verzeichnis

Auf Instagram werden einzelne Traditionen regelmäßig vorgestellt:

@livingheritage_at #intangibleculturalheritageaustria #livingheritage

42 hölzernen Figuren kommen im Traismaurer Krippenspiel vor
© Gotthard Klaus
Grenzüberschreitender musikalischer Austausch
© NÖN Gmünd / Markus Lohninger
Die Kornuten werden von den Packer*innen zum Wasserbottich gebracht
© Richard Rizk
Mann beim Bau einer Krippe in der Werkstatt
© Bertram Frei
Bergführer*innen unterwegs in den Stubaier Alpen
© aplsolut, Johannes Mair
Zuschnitt der Frackteile
Zuschnitt des Fracks
© Knize & Comp
Festtrachten der Salzburger Gebirgsgauen mit aufwendiger Auszierung
© Susanne Bayer Fotografie
Anwendung der Techniken zur Erhaltung historischer Substanz
© Michael Gühl
Aufwendige Anfertigung des tiefschwarzen Plissee aus Glanzleinen der Juppe
© Christian Kerber
Frau mit Druckplatte
Frau mit Druckplatte
© Ortner
Wissensweitergabe in Handwerksmühlen
© Netzwerk Kulinarik (www.pov.at)

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Presse / Öffentlichkeitsarbeit

Tel.: +43 / 1 / 526 13 01
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