Spannungsfelder im Immateriellen Kulturerbe entstehen durch das Wechselspiel zwischen Erhaltung und Veränderung, Tradition und Innovation, Gemeinschaft und individueller Interpretation. Während kulturelle Praktiken, Bräuche und Handwerkstechniken oft tief in der Geschichte einer Gesellschaft verwurzelt sind, unterliegen sie gleichzeitig einem stetigen Wandel. Globalisierung, Digitalisierung, gesellschaftliche Debatten und soziale Dynamiken beeinflussen diese lebendigen Traditionen und stellen sowohl Chancen als auch Herausforderungen dar. Wie kann kulturelles Erbe nachhaltig weitergegeben werden, ohne seine Bedeutung zu verlieren? Welche Rolle spielen neue gesellschaftliche Werte in diesem Prozess? Besonders in einer diversen Gesellschaft ist es wichtig, auch die Perspektiven marginalisierter Gruppen zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass ihr kulturelles Erbe sichtbar bleibt und wertgeschätzt wird. Diese Fragen zeigen die vielschichtigen Spannungsfelder, die das Immaterielle Kulturerbe prägen.
Die Aufnahme in das nationale Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes bedeutet keine Musealisierung eines Brauchs oder einer Tradition, sondern vielmehr die Anerkennung einer Praxis, die in stetigem Austausch mit ihrer gesellschaftlichen und kulturellen Umwelt steht. Im Zuge dieser Entwicklung werden auch bewährte Traditionen hinterfragt. Dabei ergibt sich in den Aushandlungsprozesse immer wieder die Frage, ob bestimmte Elemente einer Praxis weiterhin notwendig und/oder zeitgemäß sind. In seltenen Fällen wirft es aber auch die Frage auf, ob sie in dieser Form den Prinzipien der UNESCO entsprechen.
WeiterlesenDie Tagung widmete sich unter anderem folgenden Fragestellungen: Wie lässt sich der gesellschaftliche Wert von immateriellem Kulturerbe und die Aufgaben, die die UNESCO den Mitgliedstaaten auferlegt hat, beurteilen? Und welche Bedeutung hat immaterielles Kulturerbe für junge Menschen und für die von Vielfalt geprägte, heutige Gesellschaft? Ca. 60 Expert*innen aus dem Bereich des IKE aus Deutschland, Luxemburg, der Schweiz und Österreich diskutierten in Wien, welche neuen Dialoge und Bewusstseinsprozesse das Arbeiten an nationalen Verzeichnissen angestoßen hat und wo sich Grenzen und Blockaden zeigen.
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