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Immaterielles Kulturerbe

Bräuche, Wissen, Handwerkstechniken  
Foto: © UNESCO/James Muriuki

Traditionelle Bewässerung in der Steinfeldgemeinde Theresienfeld
Umgang mit der Natur in Niederösterreich, aufgenommen 2022

Seit der Gründung von Theresienfeld 1763 spielt Bewässerung eine prägende Rolle im Leben der Ortsbevölkerung. Durch das künstlich angelegte Bewässerungssystem des „Tirolerbaches“ werden bis heute, festen Regeln und Techniken folgend, Gärten und Hausäcker bewässert. Ende Oktober wird das Wasser „odraht“, am ersten Aprilsonntag „kummts Wossa wieder“. Die Wassergenossenschaft räumt, säubert und kontrolliert dabei die Anlage und überwacht die gerechte Wasserverteilung.

Der Tirolerbach ist ein künstliches Bewässerungssystem in der niederösterreichischen Ortschaft Theresienfeld. Der ca. 5,3 km lange Bewässerungskanal wird von der Piesting bei Wöllersdorf gespeist und machte die bis ins 18. Jahrhundert unfruchtbare Gegend erst bewohnbar und für die Landwirtschaft nutzbar. Das Wasser konnte durch das Kanalnetz (Viertel-, Nacht- und Zubringungskanäle) zu den Feldern geleitet und mittels Aufstauung des Wassers zu bestimmten Zeiten und Mengen „geflutet“ werden. Gleichzeitig entstand mit der Praxis ein Regelwerk, die sogenannte „Wasserleitungsordnung“, die die Wasserverteilungsmenge und -zeiten vorgab, sowie regelmäßige Instandhaltungsmaßnahmen und Sanktionen bei Verstößen beschreibt. Bis heute findet die Technik und das Regelwerk Anwendung. Zum Beispiel müssen alle Wasserbezugsberechtigten bei der jährlichen Reinigung des Hauptkanals („Boch rama“) teilnehmen oder bei Fernbleiben eine „Konventionsmünze“ zahlen. Zudem werden „Wasserspira“ (Anlagenbeauftragte) und „Viertelkommissionär*innen“ bestimmt, die das Kanalnetz regelmäßig abgehen, um Schäden der Anlage festzustellen. Von April bis November gibt die „Stunden-Einteilung“ Zeiten vor, in denen die Personen ihre Staufallen einschlagen und die Seitenfallen („die Foin einschlogn“) zur Bewässerung öffnen dürfen. Die Betreibung und Erhaltung des Systems sind insgesamt nur in Gemeinschaftsarbeit möglich. 

Die Bewässerungstechnik ist für die Bewohner*innen mit Wasserbezugsrecht eine gewohnte Tätigkeit. Sie fördert die soziale Bindung innerhalb der Marktgemeinde und die Verantwortung für die knappe Ressource Wasser. Zudem sind die Kanalsysteme und damit zusammenhängende Sickerteiche Lebensraum und Tränke für verschiedene Tierarten. Exponentielles Bevölkerungswachstum und zunehmende Trockenheit stellen jedoch Gefahren für das System und die Bedeutung des Wissens und der Anlage dar. Erhaltungsmaßnahmen von Seiten der Wassergenossenschaft wie Kulturparcours mit Informationstafeln, Broschüren, Führungen, einem digitalen Ortsarchiv sowie Auftritten und Informationen in sozialen Medien sollen zur Sichtbarmachung und Erhaltung des Elements beitragen. 

Kontakt

Klaus Krachbüchler
2604 Theresienfeld
kk@vogeltreff.com
www.wassergenossenschaft.theresienfeld.com

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