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Immaterielles Kulturerbe

Bräuche, Wissen, Handwerkstechniken  
Foto: © UNESCO/James Muriuki

In d’Grean gehn
Gesellschaftliche Praktiken in Niederösterreich, aufgenommen 2019

Am Ostermontag laden Weinhauer*innen und Weinkellerbesitzer*innen des nördlichen Weinviertels in die Kellergassen („Kellertrift“) zu Speis und Trank – zum „Grean geh“. Der Brauch des „in d’Grean gehn“ (=ins Grüne gehen) findet sich in mehreren Gemeinden der Region und zeichnet sich durch regionalspezifische Elemente religiöser wie auch weltlicher Art aus.

Der Brauch In d´Grean gehn lässt sich bis in die vorindustrielle Zeit zurückverfolgen, als die Weingartenarbeit sehr beschwerlich war. Nach der schweren und harten Winterarbeit luden die Weinbauer*innen ihre Helfer*innen zum Dank in die Kellergassen, um bei Wein, Brot und Geselchtem den Beginn der neuen Saison und das Ende der Fastenzeit zu feiern. Während religiöse Aspekte, wie der österliche Emmausgang, nach wie vor eine wichtige Rolle spielen, treffen sich heute vorwiegend Verwandte und Weinfreund*innen in der „Grean“, um beim gemütlichen Spaziergang und in geselliger Runde das Wiedererwachen der Natur zu feiern, die „heurigen“ Weine zu verkosten und sich in gemütlicher Runde auszutauschen. 

Die Einladung zur „Grean“ ist mit einer besonderen Ehre verbunden. Mittlerweile wird das in d´Grean gehn von der lokalen Bevölkerung als regionales Fest praktiziert. Mancherorts wird die Tradition von Weinbauer*innen, Kellerbesitzer*innen abgehalten, anderenorts stehen Vereine oder Gemeinden dahinter. Lokale Winzer*innen stellen ihre „heurigen“ Weine vor und bieten so zufällig vorbeikommenden Spaziergänger*innen die Möglichkeit, Weinviertler Wein und Gesellschaft kennenzulernen. Vor den Presshäusern werden Spiele wie „Eierpecken“, „Tempel hupfen“, „Au(n)meia(r)ln“, „s’Oaeinhau(n)“ gespielt. 

In den letzten Jahrzehnten hat der Verein der Kellergassenführer*innen besondere Anstrengungen in der Pflege dieser Tradition unternommen. So wurden seit 1999 über 500 zertifizierte Kellergassenführer*innen ausgebildet, welche um eine breite Bewusstseinsbildung bemüht sind. Den Kellergassen kommt hier eine besondere Bedeutung zu, da diese ein jahrhundertealtes, mittlerweile denkmalgeschütztes Kulturerbe darstellen. So geht die Pflege der Bräuche mit kompetenter Erhaltungsarbeit regionalspezifischer materieller Kultur Hand in Hand.

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