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Dokumentenerbe

„Memory of the World“/„Gedächtnis der Menschheit“  
Foto: © Österreichische Nationalbibliothek

Beschreibung der indigenen Bevölkerung in Paraguay von Pater Florian Paucke um 1770
, aufgenommen 2018

Der um 1770 verfasste Bericht des Jesuitenpaters Florian Paucke (1719 – 1779) zählt zu den essentiellen Quellen der Geschichte Südamerikas und charakterisiert das Verhältnis von Alter zu Neuer Welt am Ende des 18. Jahrhunderts – ein Verhältnis von „Zivilisation“ europäischer Prägung zur indigenen Bevölkerung Lateinamerikas.

Im Unterschied zu vergleichbaren Beschreibungen (etwa des P. Martin Dobrizhoffer) verzichtete der Text auf eine komponierte Gestalt; in erstaunlicher Authentizität gelang es dem Verfasser, eines der spektakulärsten Experimente der Sozialgeschichte unmittelbar zu umreißen. Denn die „Jesuitenreduktionen“ (die zu Stützpunkten der Missionierung wurden) formulierten aus  gesellschaftlichen Vorgaben, die sie bei den indigenen Stämmen vorgefunden hatten, neue Strukturen, die für die Epoche der Vormoderne von revolutionärer Brisanz waren: Verzicht auf Geldverkehr, Verbot von Privateigentum auf Produktionsmittel sowie Einführung eines geregelten 8-Stundentages.   

Pauckes Manuskript, das offenbar eine Veröffentlichung vorbereitete, sollte nie im Druck erscheinen. Gerade aus diesem Grund sind sowohl die Beschreibung in Textform wie die Illustration durch Zeichnungen mit Szenen aus dem Leben des Mocobi-Stammes von absoluter Einzigartigkeit. Mehrere Jesuitenreduktionen sind bereits Teil des von der UNESCO nominierten Weltkulturerbes. Im Codex 420 liegt als Ergänzung zum Verständnis dieses kulturellen Phänomens – ein einmaliges Dokument vor, in dem ein Zeitzeuge das Wort ergreift für das verschwundene „Heilige Experiment“.

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