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Global Citizenship Education

Bildung zu verantwortlichen und aktiven WeltbürgerInnen  
Foto: © Modell Foto: Colourbox.de

Bildung von WeltbürgerInnen

2016 stehen wir in ganz Europa vor großen Herausforderungen: Wirtschaftskrisen, Flüchtlingswellen, Terroranschlägen und Bürgerkriegen in den Nachbarregionen.

Gastbeitrag von Prof. Dr. Werner Wintersteiner

Darauf antworten die einen mit einem Rückzug auf sich selbst: Die „Festung Europa“ solle durch Grenzsperren und strengere Gesetze ausgebaut werden, der „Krieg gegen den Terror“ müsse intensiviert werden, wir müssten insgesamt mehr Härte gegenüber „den Anderen“ zeigen. Eine andere Antwort lautet, dass ohnehin alles nicht so schlimm sei und mit etwas gutem Willen alles in Ordnung kommen werde – solange wir uns nicht zu einer populistischen Politik wie in Polen, Ungarn oder die französische Le Pen Partei verführen lassen. Beide Positionen sind problematisch – die erste schafft Feindbilder und erklärt die Konflikte für unlösbar, die zweite steckt den Kopf in den Sand und leugnet die Existenz der Konflikte.

Angesichts dessen brauchen wir einen Perspektivenwechsel. Es stimmt, dass sich viele Konflikte – zwischen den Staaten, zwischen Arm und Reich innerhalb der Staaten wie auch zwischen Teilen der MigrantInnen und Flüchtlingen und der einheimischen Bevölkerung – zuspitzen. Aber diese Konflikte können wir nicht mit starren Wir-Sie Fronten bearbeiten. Stattdessen brauchen wir einen neuen Denkrahmen, der über den nationalen Tellerrand hinausblickt. Diesen können wir in der Global Citizenship Perspektive finden. Der Bezugspunkt ist nicht mehr der Nationalstaat, sondern eine vielfach vernetzte, ebenso globalisierte wie „glokalisierte“ Weltgesellschaft. Mit anderen Worten, wir müssen die heutigen Probleme vom Standpunkt der Weltinnenpolitik betrachten und sie mit den Mitteln bearbeiten, die wir auch sonst bei innenpolitischen Konflikten einsetzen. Nämlich demokratische Konfliktaustragung statt dem Recht des Stärkeren, das Gegenüber wird nicht als Feind gesehen, den es zu vernichten gilt, sondern als Gegner, den man respektiert, auch wenn man ihn politisch bekämpft. Dies aus der Erkenntnis heraus, dass viele unserer Probleme gar nicht hausgemacht sind, sondern auch globale Ursachen und vor allem globale Auswirkungen haben.

 Dieser Perspektivenwechsel kommt nicht von selbst, er muss erarbeitet, geschult und weitergegeben werden. Um das zu bewerkstelligen, hat sich Global Citizenship Education (GCED) als zeitgemäße Form politischer Bildung etabliert. Es geht um die Frage: Wie können wir verantwortliche WeltbürgerInnen bilden, die in ihrem privaten Umfeld, in ihrem Beruf wie auch als Staatsbürger in Funktion das ethische Ziel einer friedlichen Weltgesellschaft vor Augen haben und sich, soweit dies in ihren Kräften steht, dafür einsetzen?

Global Citizenship Education bietet Lernenden, die in einer Welt voller Konflikte, aber auch Chancen, aufwachsen und in ihr solidarisch leben lernen wollen, eine klare Perspektive. Sie vermittelt Kenntnisse, Kompetenzen, Werte und Einstellungen, die sie befähigen, an einer gerechteren Welt für alle zu arbeiten.

Internationale Aufmerksamkeit hat GCED durch die Global Education First Initiative des UN-Generalsekretärs, Ban Ki-moon, erhalten. Daraufhin hat die UNESCO GCED zu ihrer neuen pädagogischen Leitlinie erklärt. Das schafft gute Voraussetzungen, dieses Bildungsziel auch im österreichischen Schulwesen zu verankern. Erste Schritte dazu gibt es schon: Den an der Universität Klagenfurt angebotenen Master-Lehrgang GCED1 und eine umfassende Broschüre der österreichischen UNESCO, die gratis elektronisch bezogen werden kann.2


Univ.-Prof. Dr. Werner Wintersteiner, Friedenspädagoge und Professor für Deutschdidaktik, ist Gründer und Leiter des „Zentrums für Friedensforschung und Friedenspädagogik“ an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt (AAU) sowie wissenschaftlicher Leiter des Master-Lehrgangs Global Citizenship Education an der AAU.

© Universität Klagenfurt
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