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Immaterielles Kulturerbe

Bräuche, Wissen, Handwerkstechniken  
Foto: © UNESCO/James Muriuki

Internationale Ebene

Das UNESCO Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes wurde 2003 verabschiedet. Bis heute sind 181 Staaten dem Übereinkommen beigetreten.

Das oberste Organ des Übereinkommens ist die Vertragsstaatenkonferenz. Sie tritt alle zwei Jahre zusammen und wählt u.a. das Zwischenstaatliche Komittee, dem 24 Mitgliedsstaaten für eine Amtszeit von vier Jahren angehören. Dieser zwischenstaatliche Aussschuss trifft Entscheidungen über die Aufnahme von Elementen in internationale Listen,  überwacht die Durchführung der Richtlinien des Übereinkommens und gibt Empfehlungen für Maßnahmen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes .

NGOs können sich bei der UNESCO für eine Akkreditierung zur Beratung des Zwischenstaatlichen Komitees der Konvention bewerben, um auf internationaler Ebene an der Umsetzung der Konvention mitzuarbeiten. Akkreditierte NGOs werden u.a. bei der Bewertung von Nominierungen für die Liste des dringend erhaltungsbedürftigen immateriellen Kulturerbes und bei der Auswahl von Projekten für das Register guter Praxisbeispiele einbezogen.

Neben den nationalen Verzeichnissen des immateriellen Kulturerbes der Vertragsstaaten werden auf internationaler Ebene drei Listen geführt:


Falknerei
© Thomas Engel
Fasnach Imst - Schemenlaufen
© Melitta Abber
Klassische Reitkunst und Hohe Schule der Spanischen Hofreitschule
© SHS | René van Bakel
Transhumanz
© Martin Ruepp
Traditionelle Bewässerung: Wissen, Technik und Organisation
© Christian Leibundgut

Die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit

Die Repräsentative Liste dient in erster Linie der Sichtbarmachung von lebendigen Traditionen, wobei die eingetragenen Elemente stellvertretend für alle Beispiele des immateriellen Kulturerbes gelten. Die Bedeutung aller Elemente ist gleichwertig, die Listung bedeutet grundsätzlich keine qualitative Bewertung. Bewerbung und Eintragung in diese Liste sollte daher vor allem als Mittel zur Präsentation der Vielfalt von immateriellem Kulturerbe gesehen werden.

Jeder Vertragsstaat kann Traditionen zur Aufnahme in die UNESCO-Listen einreichen. Über die Aufnahme entscheidet der Zwischenstaatliche Ausschuss nach eingehender Evaluierung durch einen Beratungsausschuss. Die Entscheidung über die Aufnahme wird jeweils im November/Dezember des Folgejahres einer Nominierung getroffen. Der Nominierungsprozess dauert also ca. zwei Jahre. 

Die Liste umfasst bereits über 500 Traditionen aus allen Weltregionen - darunter der spanische Flamenco, das mongolische Naadamm-Festival, die iranische Teppich-Knüpfkunst, die kolumbianischen Marimba-Musik und die chinesische Akupunktur. Österreich ist mit der Falknerei (gemeinsam mit 23 weiteren Staaten), dem Imster Schemenlaufen, der Klassischen Reitkunst und Hohen Schule der Spanischen Hofreitschule, dem Handblaudruck in Europa (gemeinsam mit 4 weiteren Staaten), dem Erfahrungswissen im Umgang mit Lawinengefahr (gemeinsam mit der Schweiz), die Tradition der Wanderweidewirtschaft (Transhumanz; gemeinsam mit 9 weiteren Staaten), das Wissen um die Lipizzanerzucht (gemeinsam mit 7 weiteren Staaten) und Flößerei (gemeinsam 5 weiteren Staaten) auf der Repräsentativen Liste vertreten. Die länderübergreifenden Einreichung Traditionelle Bewässerung: Wissen, Technik und Organisation (gemeinsam mit 6 weiteren Staaten) ist die neueste Aufnahme (2023) in die Repräsentative Liste. 

Weiterführende Links

  • Österreichische Falknerbund, Zentralstelle Österreichischer Falknervereine
  • Fasnacht Imst - Schemenlaufen
  • Spanische Hofreitschule Wien
  • Blaudruck Koo
  • Wagner Handdrucke
  • Transhumanz, Kulturverein Schnals

© Werkraum Bregenzerwald | Roswitha Natter | Roswitha Natter
© Textiles Zentrum Haslach | Christina Leitner | Christina Leitner
© Dombauhuette St. Stephan
Anfertigung einer Riesenkrabbe Zeichnen
© Dombauhuette St. Stephan

Register guter Praxisbeispiele

Für das Register von Beispielen guter Praxis zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes werden regelmäßig internationale, nationale oder regionale Maßnahmen, Programme oder Projekte ausgewählt, die die Grundsätze und Ziele des Übereinkommens am besten umsetzen, d.h. die Erhaltung, Achtung und Förderung des immateriellen Kulturerbes.   Im Register finden sich zum Beispiel: Die Ausbildung in traditioneller indonesischer Batik-Technik (Indonesien), das Zentrum für indigene Kunst in Veracruz (Mexiko) sowie die Wiederbelebung des traditionellen Handwerks des Kalkbrennens in Morón de la Frontera (Spanien).  Ziel ist, eine nachhaltige Praxis zur Pflege des immateriellen Kulturerbes zu fördern und zu internationaler Zusammenarbeit anzuregen.

Am 01. Dezember 2016 befürwortete das Zwischenstaatliche Komitee zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes im Zuge seiner 11. Sitzung in Addis Abeba, Äthiopien die Aufnahme folgender drei  österreichischer Handwerkszentren in das Register: das Hand.Werk.Haus Salzkammergut, das Textile Zentrum Haslach und der Werkraum Bregenzerwald. Alle drei Initiativen haben die Erhaltung von österreichischem traditionellem Handwerk zum Ziel. Sie setzen regional-spezifische Maßnahmen zur Erhaltung und kreativen Weitergabe von traditionellem Handwerk und tragen zu einer erhöhten Sichtbarkeit des immateriellen Kulturerbes bei. 

Im Rahmen der 15. UNESCO-Tagung des wurde am 17. Dezember das Dombauhüttenwesen in das Register guter Praxisbeispiele aufgenommen. Insgesamt haben sich für diesen erfolgreichen Antrag um Aufnahme 18 Bauhütten aus fünf europäischen Ländern (Frankreich, Deutschland, Norwegen, Österreich und die Schweiz) zusammengeschlossen. Aus Österreich sind die Dombauhütten St. Stephan und Mariendom Linz dabei. Das beispielhafte Engagement der Bauhütten für die Erhaltung von handwerklichem Können und Wissen als immaterielles Kulturerbe und ihre gezielten Maßnahmen, etwa im Bereich Vermittlung, sollen weltweit als Modell für den Erhalt von Großbauwerken dienen und das Verständnis für Großbauwerke, deren Baubetrieb, Bauorganisation und Bautechnik fördern. 

Weiterführende Links

  • Hand.Werk.Haus Salzkammergut
  • Textiles Zentrum Haslach
  • Werkraum Bregenzerwald
  • Dombauhütte St. Stephan, Wien
  • Dombauhütte Mariendom, Linz

Die Liste des dringend erhaltungsbedürftigen immateriellen Kulturerbes

Auf die Liste des dringend erhaltungsbedürftigen immateriellen Kulturerbes werden Elemente gesetzt, deren Erhaltung akut bedroht ist  - zum Beispiel durch politische  Repressionen, Krisen und Naturkatastrophen, gesellschaftlichen Wandel sowie Globalisierungs- und Industrialisierungsprozesse - und der Schutz trotz intensiver Bemühungen der TraditionsträgerInnen sowie des Mitgliedsstaates nicht gewährleistet werden kann.